Helmform (Ende 16. Jh.) - Bedeutung oder Künstlerfreiheit? (v. d. Lippe - Turnierkragenwappen)

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  • Alter Mansfelder
    Super-Moderator
    • 21.12.2013
    • 4666

    #46
    Hallo Robert

    Danke für Deine ausführliche Stellungnahme. Dazu nur kurz, da in Eile:

    Es gibt weitere Nennungen als Bastarde, nicht nur diese.

    Auf dem Grabstein des Heinrich Julius von 1622 sehe ich deutlich ausschließlich Stechhelme (von der Lippe, Grove, ?, Heistermann) wie oben als Foto dem Beitrag #38 angehängt und keine Bügelhelme, davon zwei etwas beschädigt. Oder habe ich die Begriffe völlig falsch verstanden? Erkennst Du, was auf dem dritten Wappen dargestellt ist und weißt, zu welcher Familie es gehört? Das ist das Wappen der Anna, der zweiten Ehefrau des Oberamtmanns Georg.

    In der Lücke/beschädigten Stelle des Grabsteintextes fehlt "IST DER". Dann ist der Satz vollständig.

    Aus den nun ausgewerteten dienstlichen Dokumenten geht, wie bereits erwähnt, klar hervor, dass Oberamtmann Georg bürgerlich war. Er wird hier mit Titulatur neben Adeligen und deren Titulatur genannt. Sein Stand ist m. E. nicht mehr fraglich. Dazu passen dann auch die zu findenden Stechhelme der Schöninger Linie. Und darin hätte ich das Bastardzeichen sehen wollen, weil eben ein echter von der Lippe mit Turnierkragenwappen nun mal ein Junker ist und eben kein Bürgerlicher.

    Es grüßt der Alte Mansfelder
    Gesucht:
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    • Robert K
      Erfahrener Benutzer
      • 29.04.2019
      • 282

      #47
      Hallo Alter Mansfelder,

      ich habe den Helm, der am besten erhalten ist, einmal ausgeschnitten (die anderen drei sind quasi identisch ausgeführt). Es gibt dort keinen ständig offenen Sehschlitz, vor den Augen scheint es eher ein "Anbauteil" als Schutz zu geben. So kam ich zum Schluss, dass es wohl doch ein Bügelhelm sein soll (auch vor dem Hintergrund, dass ein Halskleinod zu finden ist):

      Beispiel Stechhelm:

      Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Stechh..._Stechhelm.jpg

      In Sachen Ergänzung der Inschrift stimme ich Dir voll zu und die Frage "Was sieht man auf den Wappen" ist tatsächlich schwer zu beantworten.
      Hier ein Link zu allen vier Wappen zu rein wissenschaftlichen Zwecken:



      Beste Grüße
      Robert
      Zuletzt geändert von Robert K; 26.11.2022, 06:54.

      Kommentar

      • Alter Mansfelder
        Super-Moderator
        • 21.12.2013
        • 4666

        #48
        Hallo Robert

        Danke, vor allem für den Upload der Wappen. Mich irritiert, dass gar keine Bügel zu sehen sind, sondern nur diese Art Visier, denn die Form des Helms ist der
        des Stechhelms doch sehr ähnlich.

        Es grüßt Alte Mansfelder
        Zuletzt geändert von Alter Mansfelder; 26.11.2022, 11:07. Grund: Tippfehler.
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        • Robert K
          Erfahrener Benutzer
          • 29.04.2019
          • 282

          #49
          Die Bügel sind bei den beiden Wappen auf der Spindelseite m. E. noch schemenhaft zu erkennen, alles in allem ist es aber sicherlich eine etwas ungewöhnliche Helmdarstellung.

          Ich sehe ...
          ...auf der Schwertseite:
          Vater "von der Lippe"
          Schild: Zwei Turnierkragen, der obere mit fünf, der untere mit vier Lätzen.
          Helmzier: Das Schildbild zwischen offenem Flug.
          Anmerkung: Das ist ein gewöhnliches "von der Lippe"-Wappen.

          Großmutter väterliche Seite "unbekannt"
          Schild: Wappen stark durch Meißelschläge beschädigt, es ist nichts zu erkennen.
          Helmzier: wie vor
          Anmerkung: Die Helmzier weist einen markanten Umriss auf.

          ...auf der Spindelseite:
          Mutter "unbekannt"
          Schild: Ein aufrechter Löwe.
          Helmzier: Der Löwe.
          Anmerkung: Hat der Löwe hier tatsächlich einen Löwenkopf?

          Großmutter mütterliche Seite "unbekannt"
          Schild: Aus einer am linken Schildrand befindlichen Wolke hervorgehender Arm, in der Hand einen Heuliecher (Heuhaken) haltend.
          Helmzier: Ein gekleideter und Mann mit Kopfbedeckung, eine Kiepe auf dem Rücken tragend, die Hände auf der Brust an die Trageriemen gelegt.
          Anmerkung: Das Hauptmotiv im Schild könnte auch eine andere Art von Stangenwaffe sein. Die Kiepe ist vermutet, der Mann trägt aber in jedem Fall etwas auf dem Rücken. Hier wäre, da von einem bürgerlichen Wappen ausgegangen wird, ein redendes oder ein auf den Beruf verweisendes Wappen möglich.


          Beste Grüße
          Robert

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          • Alter Mansfelder
            Super-Moderator
            • 21.12.2013
            • 4666

            #50
            Noch einmal danke, Robert. Die Wappen mütterlicherseits sind nicht unbekannt, sondern Heinrich Grove und Barbara Heistermann.

            Es grüßt der Alte Mansfelder
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            • Robert K
              Erfahrener Benutzer
              • 29.04.2019
              • 282

              #51
              Sehe ich das dann so richtig?:
              1 Heinrich Julius von der Lippe, † 18.05.1622

              2 Christoph von der Lippe, halberstädtischer Kammersekretär, * um 1560
              3 Ilsabein Groven

              4 Georg von der Lippe, Oberamtmann, * 1620/25 Höxter, † 1578 Schöningen
              5 Dorothea Wedemeyer oder Anna NN
              6 Heinrich [von] Groven, Bürgermeister von Höxter, * um 1530, † nach 1586
              7 Barbara [Kramer gen.] Heistermann, * um 1530

              Anordnung der Wappen:
              Lippe_____________________Groven
              Wedemeyer oder NN_________Heistermann

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              • Alter Mansfelder
                Super-Moderator
                • 21.12.2013
                • 4666

                #52
                Genau. Das Alter lässt sich inzwischen etwas konkretisieren. Kammersekretär Christoph ist etwas nach 1565 geboren, Heinrich Julius wohl etwas vor 1590. Er wird 1600 und 1606 in der Matrikel von Helmstedt genannt, mit Angabe des Vaters.

                Es grüßt der Alte Mansfelder
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                • Duppauer
                  Erfahrener Benutzer
                  • 30.03.2014
                  • 686

                  #53
                  Kommen wir mal zurück zur ursprünglichen Frage von "Alter Mansfelder"

                  Zitat von Alter Mansfelder Beitrag anzeigen
                  Meine Fragen:
                  - Ein Bastardfaden o.ä. erscheint im Wappen des Schöninger Zweiges nicht. Könnte auch die andere Helmform eine solche Kennzeichnung darstellen?
                  - Gibt die Helmform einen Hinweis auf den Stand derart, dass der Schöninger Zweig als bürgerlich zu betrachten ist? Die bisher bekannten Anredefloskeln und die Qualität der innegehabten Lehen geben hierzu keine verlässlichen Hinweise.


                  Die Frage wird man meiner Meinung nach nicht beantworten können, da zur fraglichen Zeit sowohl - als auch, adelige wie bürgerliche beide Helmformen (Stechhelm/Bügelhelm) verwendet haben.

                  Ich habe es schon einmal erwähnt das der Bastartfaden zur damaligen Zeit schon bekannt war, also warum sollte man ihn nicht verwenden um auf die Bastardlinie hinzuweisen?
                  Der Bastardfaden würde alles eindeutig erklären!
                  Bei der Helmform wäre dies nicht der Fall!
                  Allenfalls könnte eine Abänderung im Wappen, oder der Helmzier auf einen anderen Zweig oder Bastardzweig hinweisen. Ähnlich wie es Robert in seinem Beitrag #20 mit dem Beispiel der Grafen zur Lippe mit der 5 blätterigen Rose im Schild und deren Bastarde von der Lippe mit der 4 blätterigen Rose im Schild beschrieben hat.

                  Aber wer weiß schon welche Gedankengänge die Altvorderen hatten.

                  Kommen wir mal zum rechtlichen.
                  Ich bin kein Jurist, aber ich habe folgende Hypothese, dass der Schöninger Zweig zum Adel gehört hat.
                  Der Schöninger Zweig, also der Bastard Zweig, trägt ja den Namen "von der Lippe". Das "von" allein steht ja schon für das Adelsprädikat (Es gibt da auch die Ausnahmen z.B. das bürgerliche Familien das "von" führen was aber eine Herkunftsbezeichnung darstellt und kein Adelsprädikat ist). Der Vater des Bastards hat seinen Sohn also rechtlich anerkannt, eine Legitimation und eine Standeserhöhung müsste dann erfolgt sein, sonst hätte ja der Bastard den Namen der Mutter erhalten.
                  Solche Legitimationen und Nobilitierungen wurden zu damaliger Zeit, soweit mir bekannt ist, nur vom Kaiser oder einem Hofpfalzgrafen mit großem Palatinat erteilt.https://de.wikipedia.org/wiki/Hofpfalzgraf.

                  Wenn man nun nach solch einer Legitimation/Nobilitation suchen will, kann man in das Österreichische Staatsarchiv schauen, ob da was vorliegt, da in diesen Zeitraum die Habsburger den Kaiser im römischen Reich stellten.
                  Bei den Hofpfalzgrafen mit großem Palatinat wird es schwierig!
                  Ich habe mal im Hofpfalzgrafenregister, verfasst von Jürgen Arndt, nachgeschaut, aber das geht nicht so weit zurück und umfasst nur ganz wenige der Hofpfalzgrafen. Im Namensindex der 3 Bände finden sich zwar "von der Lippe", aber die haben nichts mit diesem Fall zu tun.
                  Hier müsste man in lokalen Archiven suchen.
                  Während der Vakanz des Kaiserthrons, konnten auch die Reichsvikare solche Legimitationen und Standeserhebungen durchführen. https://de.wikipedia.org/wiki/Reichsvikar
                  Mit den Anredefloskeln in Urkunden ist das so eine Sache, da würde ich nicht soooo viel drauf geben. Da kommt es auch immer auf den Schreiber an.
                  Zuletzt geändert von Duppauer; 27.11.2022, 04:09.
                  Das gute Gelingen ist zwar nichts Kleines, fängt aber mit Kleinigkeiten an. (Sokrates)
                  Passt auf Euch und andere auf und bleibt gesund!
                  Herzliche Grüße
                  Dieter

                  Kommentar

                  • Alter Mansfelder
                    Super-Moderator
                    • 21.12.2013
                    • 4666

                    #54
                    Guten Morgen Dieter

                    Und danke für Deine Einschätzung. Ich bin nun Jurist, aber das hilft mir hier trotzdem nicht viel weiter

                    Ich teile Deine Ansicht nicht ganz. Anerkennung, Legitimierung und Standeserhebung muss man unterscheiden. Jede von ihnen führt nicht automatisch zur anderen. Man kann ein Kind anerkennen. Folgen hat das praktisch keine, insbesondere damals keine erbrechtlichen. Der Kaiser kann vom Geburtsmakel befreien. Damit kann man bspw ein Handwerk lernen, aber adelig ist man als Sohn eines Adeligen noch nicht. Das bewirkt erst die Standeserhebung, und die ist neu und nicht etwa der alte Adel der Herkunftsfamilie. Die Namensführung ist wieder etwas vollkommen anderes. Damals war es durchaus üblich nach einem bekannten unehelichen Vater zu heißen, insbesondere, aber nicht nur, im Falle der Anerkennung. Die Anerkennung ist dabei nichts Förmliches, bedarf also keines besonderen oder gar behördlichen Aktes.

                    Mit den Anreden hast Du im Allgemeinen Recht, aber ich meine nicht in diesem Falle. Bei einem Schreiber und einer Quelle mag das noch sein. Aber nicht bei vielen Schreibern und vielen Quellen, und wenn einer der Schreiber der Landesherr selbst ist und die Nennung in einem Atemzug mit tatsächlich erwiesenen Adeligen erfolgt. Vor diesem Hintergrund ist der Schöninger Zweig m. E. ganz eindeutig bürgerlich. Daher ja meine juristische Frage: Hätte ich denn als bürgerlicher Angehöriger des Adelsgeschlechts das Adelswappen einfach so unverändert benutzen dürfen? Ich möchte das Ganze ungern auf mutmaßliche Tätigkeiten von Hofpfalzgrafen oder Reichsvikaren schieben, die sich nicht nachweisen lassen. Und ob ich selbst einen Bastardfaden verwendet hätte in einer Gegend, die von meiner Herkunft vielleicht gar nichts weiß? Hätte man sich und seine Nachkommen damit nicht unnötig stigmatisiert? Immerhin war man ja kein Bastard vom Landesherrn, worauf man sich vielleicht noch etwas hätte einbilden können, sondern nur ein Bastard von (einem etwas besseren) Hinz und Kunz

                    Es grüßt der Alte Mansfelder
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