Unter welchen Umständen lebten unsere Vorfahren?

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  • LutzM
    Erfahrener Benutzer
    • 22.02.2019
    • 3028

    Unter welchen Umständen lebten unsere Vorfahren?

    Moin,
    mir ist gerade ein Buch von 1869 untergekommen. Primär geht es um "Die Typhus-Epidemie des Jahres 1868 im Kreise Lötzen (Regierungs-Bezirk Gumbinnen)". Allerdings wird auf den Seiten 6-15 das Leben der Armen beschrieben. Ziemlich erschreckend, wenn man bedenkt, dass es nur 150 Jahre her ist.
    Evtl. findet es auch jemand von Euch interessant, dann hier.
    Lieben Gruß

    Lutz

    --------------
    mein Stammbaum
    suche Eising * um 1880 aus/bei Creuzburg/Ostpreußen, sowie (August & Hellmut) Wegner und (Friederike) Lampe * um 1840 aus/bei Kleinzerlang/Prignitz
  • Geschichtensucher
    Erfahrener Benutzer
    • 03.09.2021
    • 733

    #2
    DAS ist interessant, habs gelesen und empfehle es weiter, vielen Dank für den Hinweis!
    Beste Grüße, Iris

    Kommentar

    • Gudrid
      Erfahrener Benutzer
      • 22.04.2020
      • 1253

      #3
      Danke für den Link!
      Ganz schlimme Zustände, ich musste mein Frühstück unterbrechen.
      Liebe Grüße
      Gudrid
      Lieber barfuß als ohne Buch

      Kommentar


      • #4
        Das ist erschütternd! Ich musste beim Lesen gleich nochmals nachschauen, aus welchem Jahr diese Beschreibung ist ��! Kaum zu glauben, dass es "nur" 150 Jahre sind!

        LG Tanja

        Kommentar

        • Muecke
          Benutzer
          • 08.06.2020
          • 75

          #5
          Hallo.

          Vielen Dank. Das liest sich sehr interessant und wie du schon sagst, erschreckend in Anbetracht der Tatsache, dass es nicht allzu lange her ist. Das empfehle ich gerne weiter

          Kommentar

          • Jettchen
            Erfahrener Benutzer
            • 16.10.2011
            • 1361

            #6
            Das ist so bedrückend!
            Ich habe mich schon intensiv mit der Zeit ab der Mitte des 19. Jh. befasst - in der Region um das oberfränkische Bayreuth. Die Bevölkerungszahl stieg damals stark an, man wusste nicht mehr, wie die vielen Menschen ernährt werden sollten, ehe der Kunstdünger erfunden wurde. Die Bauern wurden aus der Leibeigenschaft frei, mussten sich aber freikaufen. Da sie kein Geld hierfür hatten, gaben sie Land her. Der Rest reichte nun nicht mehr zum Überleben, und sie strömten in die Städte. "Stadtluft macht frei!" Von wegen! Arme durften nicht heiraten, es gab unzählig viele nicht-eheliche Kinder, die Menschen hausten so, wie es aus den Berliner Bildern von Zille bekannt ist. In den Fabriken wurden die Menschen ausgebeutet.

            Ich habe Vorfahren von mir in diesem Milieu entdeckt! Ich bekam den größten Respekt vor diesen Menschen, die ein solch schweres Leben überstehen mussten und von der "bürgerlichen" Schicht verachtet wurden. Und ich bewundere die Nachkommen, wie sie sich aus solch einem Leben herausarbeiten konnten!
            Jettchen

            Kommentar

            • consanguineus
              Erfahrener Benutzer
              • 15.05.2018
              • 5533

              #7
              Hallo Jettchen!

              Zitat von Jettchen Beitrag anzeigen
              Die Bauern wurden aus der Leibeigenschaft frei, mussten sich aber freikaufen. Da sie kein Geld hierfür hatten, gaben sie Land her.
              Bei allem Respekt, das stimmt so nicht. Die Aufhebung der Leibeigenschaft war nicht mit einer Gegenleistung verbunden. Sie erfolgte entschädigungslos. Anders sieht es mit den gutsherrlichen Lasten, Pflichten und Abgaben aus. Deren Wert wurde ermittelt und kapitalisiert, meistens mit dem Faktor 25. Der errechnete Betrag war dem oder den Berechtigten zu bezahlen. Da viele das Geld hierfür nicht aufbringen konnten, wurden in einigen deutschen Staaten günstige Darlehen von den "Leihhäusern" ausgegeben. Diese Anstalten wurde seitens der Obrigkeit mitunter genau zu diesem Zweck gegründet. Wo es so etwas nicht gab, waren die Pflichtigen tatsächlich gezwungen, sich von einem Teil ihres Landes zu trennen, sofern die Geldmittel fehlten. Vermutlich meinst Du das. Aber um Leibeigenschaft geht es bei dieser Sache gar nicht.

              Viele Grüße
              consanguineus
              Suche:

              Joh. Christian KROHNFUSS, Jäger, * um 1790
              Carl KRÜGER, Amtmann in Bredenfelde, * um 1700
              Georg Melchior SUDHOFF, Pächter in Calvörde, * um 1680
              Ludolph ZUR MÜHLEN, Kaufmann in Bielefeld, * um 1650
              Dorothea v. NETTELHORST a. d. H. Kapsehden, * um 1600
              Thomas SCHÜTZE, Bürgermeister in Wernigerode 1561

              Kommentar

              • Silvio52
                Erfahrener Benutzer
                • 17.06.2021
                • 230

                #8
                Hallo Jettchen,

                Zitat von Jettchen Beitrag anzeigen
                Arme durften nicht heiraten, es gab unzählig viele nicht-eheliche Kinder, (...)
                herzlichen Dank für diesen Hinweis! Diese Umstände waren mir überhauptnicht klar gewesen und ich hatte mich in einigen Fällen schon gewundert ...

                Hier ein passender Link, den ich dadurch gefunden habe:


                Es handelt sich um "Die Geschichte der Frauen im Recht" (ab dem 16. Jahrhundert) von Prof. Dr. Eleonora Kohler-Gehrig. Der Text ist etwas "kämpferisch", aber gut zu lesen.

                VG
                Silvio
                Suche FN: Dülge (Stettin, Lublin) / Streich und Hintz (Großpolen, Lublin) / Seeger (Elbing, Danzig und Berlin) / Havemann, Thiede und Stolz (Breslau, Bernau und Berlin).

                Kommentar

                • sonjavi
                  Erfahrener Benutzer
                  • 30.08.2016
                  • 287

                  #9
                  Stadtluft macht frei

                  Zitat von Jettchen Beitrag anzeigen
                  "Stadtluft macht frei!“
                  Hallo,

                  ja, ich finde es auch unglaublich bedrückend, wie viele Menschen mit so wenig auskommen mussten.

                  Jettchen, der von dir angeführte Ausdruck hat einen historischen Hintergrund.
                  Wer im Mittelalter als Höriger ein Jahr und ein Tag in der Stadt unentdeckt lebte, ohne vom einstigen Grundherrn zurückgefordert zu werden, war persönlich frei . Deshalb das Sprichwort: „Stadtluft macht frei – Landluft macht eigen!“



                  Viele Grüße
                  Sonja
                  Suche FN PELZ, TOLSKI aus Liebemühl/Osterode und Umkreis, VEIT/VEID und MEIRITZ aus Elbing sowie
                  BAUM aus dem Raum Rieder, (Sachsen-)Anhalt

                  Kommentar

                  • iClaudia
                    Benutzer
                    • 14.07.2021
                    • 95

                    #10
                    Zitat von Jettchen Beitrag anzeigen
                    Arme durften nicht heiraten, es gab unzählig viele nicht-eheliche Kinder
                    Ohne Dir zu nahe treten zu wollen, aber ehrlicherweise weiß ich dabei nicht, in welchem Oberfranken des 19. Jahrhunderts Du forschst, aber ich habe anscheinend ein anderes.

                    Ich komme aus Kronach, meine Partnerin aus Bayreuth. Ich habe bis auf wenige Ausnahmen arme Tagelöhner, Zigeuner, "Taugenichtse" in meiner Ahnenreihe, verteilt über fast alle Orte des Landkreises. Sechs, sieben, acht Kinder, teilweise mehr, die in Tropfhäusern wohnten. Die haben ALLE geheiratet, sofern die Kinder überlebt haben. Teilweise haben sie sogar mehrmals geheiratet, wenn die Partner starben. Meine Ahnen in der Stadt Kronach gingen mehrmals bankrott, verheiratet waren sie trotzdem. Klar gab es durch die Verhältnisse uneheliche Kinder, aber die wurden oft legitimiert, spätestens wenn die Eltern geheiratet haben. Ich habe in meinem Stammbaum mit mittlerweile über 1200 Personen nur 3 Kinder, bei denen kein Vater gefunden werden konnte. Dass jemand nie geheiratet hat, hatte ich dabei noch nie. Abgesehen von einer Stieftochter eines Ahnen, die ins Kloster ging.

                    In der Ahnenreihe meiner Partnerin finden sich ebenfalls fast nur Tagelöhner, die in den Käffern zwischen Bindlach und Neudrossenfeld in "Herbergen" (zum Beispiel auf dem Haselhof) und rund um Eckersdorf lebten. Auch da haben alle geheiratet, die das heiratsfähige Alter erreichten. Hier sind es ebenfalls nur 4 Kinder ohne Vater.

                    Die Hungersnot im 19. Jahrhundert ist übrigens auf verschiedene Ursachen zurückzuführen. Vor allem der Ausbruch des Tambora, sorgte für Missernten. Damit steht auch die Ausbreitung von Krankheiten wie Typhus in Zusammenhang. Es dauerte Jahrzehnte, bis sich das Klima wieder einpendelte. In den 1840er Jahren kam es aufgrund der Kartoffelfäule zu erneuten Hungersnöten, die allein in Irland über eine Million Opfer forderte und zu den Revolutionen in Europa führte.

                    Kommentar

                    • Silvio52
                      Erfahrener Benutzer
                      • 17.06.2021
                      • 230

                      #11
                      Hallo,


                      könnte es hier einen Unterschied zwischen Stadt / Land geben?


                      VG
                      Silvio
                      Suche FN: Dülge (Stettin, Lublin) / Streich und Hintz (Großpolen, Lublin) / Seeger (Elbing, Danzig und Berlin) / Havemann, Thiede und Stolz (Breslau, Bernau und Berlin).

                      Kommentar

                      • sternap
                        Erfahrener Benutzer
                        • 25.04.2011
                        • 4072

                        #12
                        aus flusssand eisen machen.
                        primitiver schmelzofen.
                        Primitive Technology: Making Iron From Creek Sand




                        es gibt viele weitere videos über primitive technologien, wie er sie nachmacht.
                        freundliche grüße
                        sternap
                        ich schreibe weder aus missachtung noch aus mutwillen klein, sondern aus triftigem mangel.
                        wer weitere rechtfertigung fordert, kann mich anschreiben. auf der duellwiese erscheine ich jedoch nicht.




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                        • Sbriglione
                          Erfahrener Benutzer
                          • 16.10.2004
                          • 1177

                          #13
                          Bei diesem Thema muss ich immer daran denken, wie schlimm die Situation erst für mittellose Frauen mit unehelichen Kindern gewesen sein muss...

                          Ich habe unter meinen Vorfahren eine Familie von Tagelöhnern aus dem Eichsfeld, die mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit im 19. Jahrhundert weite Strecken zurücklegen und lange Abwesenheiten von ihrem Heimatort inkauf nehmen mussten, um überleben zu können. Die beiden überlebenden Söhne schafften anscheinend in den 1840er Jahren den Einstieg in einen halbwegs einträglichen Beruf (sie wurden Zimmermänner, mussten aber anscheinend für ihre Arbeit teils auch recht weit reisen - u.a. bis nach Wolfenbüttel), ihre älteste Schwester (meine Vorfahrin) musste sich wohl irgendwo als Magd verdingen, hatte mindestens eine uneheliche Tochter (auch meine Vorfahrin, immerhin in ihrem Heimatort geboren) und ich habe keine Ahnung, was aus ihr geworden ist.
                          Die uneheliche Tochter wiederum hatte mehrere uneheliche Kinder (drei davon sind mir bekannt, von denen zwei in ihrem Heimatort geboren wurden und eines - meine nächste Vorfahrin der Linie - in Wolfenbüttel. Ihr eigener Verbleib, sowie auch der ihres ältesten Kindes ist unbekannt, das zweite Kind verstarb in einem Kinderheim in Bad Gandersheim nur zwei Monate, nachdem ihr jüngstes mir bekannes Kind (meine letzte unehelich geborene Vorfahrin) in Wolfenbüttel geboren wurde, wo ihre Mutter bis zur Geburt des Kindes als Dienstmagd gearbeitet hatte.
                          Ich frage mich, ob die Mütter der unehelichen Kinder irgendwann wegen "moralischer Verwahrlosung" in ein Arbeitshaus gesteckt worden sein könnten, ob sie ihr Leben irgendwo als anonyme Bettlerinnen geendigt haben könnten oder was sonst aus ihnen geworden sein mag ...
                          Suche und biete Vorfahren in folgenden Regionen:
                          - rund um den Harz
                          - im Thüringer Wald
                          - im südlichen Sachsen-Anhalt
                          - in Ostwestfalen
                          - in der Main-Spessart-Region
                          - im Württembergischen Amt Balingen
                          - auf Sizilien
                          - Vorfahren der Familie (v.) Zenge aus Thüringen (u.a. in Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und NRW)
                          - Vorfahren der Familie v. Sandow aus dem Ruppinischen

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                          • Scherfer
                            Moderator
                            • 25.02.2016
                            • 2512

                            #14
                            Mein Vorfahr Adam Friedrich Ernst Jacobi (1733-1807, Pfarrer, Superintendent und Schriftsteller) hat unter anderem zwei kleine Büchlein geschrieben, die ich in diesem Zusammenhang sehr interessant zu lesen finde und die digitalisiert zugänglich sind. Hier die Links zu den Inhaltsverzeichnissen:




                            Die Themen sind natürlich etwas religionslastig, berühren aber doch viele Aspekte des täglichen Lebens.
                            Zuletzt geändert von Scherfer; 19.11.2022, 09:06.

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                            • Bienenkönigin
                              Erfahrener Benutzer
                              • 09.04.2019
                              • 1696

                              #15
                              Danke, Scherfer, ich muss mir diese Links mal abspeichern.
                              Bin schon beim ersten Artikel des einen Buches hängengeblieben, der Bestellung eines Küchengartens im Winter. Die meisten der erwähnten Gemüse hab ich auch ganz gern im Garten

                              So ein tolles Schriftstück eines Vorfahren hab ich nicht, aber ich freu mich auch immer wieder an dem Gemälde der Familie eines Bruders meines Vorfahren. Darauf sitzt die alte Mutter (also meine tatsächliche Vorfahrin) neben einem Salatbeet.

                              VG
                              Bienenkönigin
                              Meine Forschungsregionen: Bayern (Allgäu, München, Pfaffenwinkel, Franken, Oberpfalz), Baden-Württemberg, Böhmen, Südmähren, Österreich

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