Vertriebene oder Flüchtlinge?

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  • Araminta
    Erfahrener Benutzer
    • 12.11.2016
    • 599

    Vertriebene oder Flüchtlinge?

    Hallo liebe Forengemeinde,

    bei meiner Frage geht es eher darum, dass nicht alle Deutschen in den Ostgebieten aktiv vertrieben wurden, sondern es gab wohl einige, die nach dem Krieg noch länger an ihrem Heimatort verblieben sind und erst später also in den 50ger oder 60ger Jahre nach Deutschland ausgewandert sind.

    Wenn ich Informationen darüber suche, geht es natürlich hauptsächlich um gebildete Leute mit Uni Abschluss aber ich habe einen ganz normalen Fall.
    Ist so etwas häufiger vorgekommen?
    Und warum wurden einige Menschen vertrieben und andere nicht?

    Oder sind die meisten Deutschen aus den ehemaligen Gebieten mehr oder weniger freiwillig nur vor den Russen geflüchtet?

    Bitte versteht mich nicht falsch. Ich habe hier nur einen Fall in dem die Familie erst in den späten 50ger Jahren vom Sudetenland nach Deutschland kam und das widerspricht vielem was ich in der Schule gelernt habe oder spontan nachlesen kann und ich würde gerne mehr darüber erfahren.
    Meine ehemaligen Nachbarn waren ebenfalls aus dem Sudetenland und hätten uns Kindern eine Kopfnuss gegeben wenn wir "Flüchtlinge" sagten. Ihre Heimat war immer das heute Tschechien aber besonders die Nachbarin musste sicher viel erleiden.
    Aber ich kenne das Gegenteil eben auch.
    Eine Familie, die erst 10 Jahre nach dem Krieg hierher kam.
  • Horst von Linie 1
    Erfahrener Benutzer
    • 12.09.2017
    • 19711

    #2
    Guten Morgen,
    hier ein kleiner Einstieg:
    Im Mai 1945 begann die Vertreibung, bei der knapp drei Millionen Sudetendeutsche ihre Heimat verloren. Die meisten, die heute noch leben, waren damals Kinder. Trotzdem fühlen sich einige noch mit dem Land ihrer Eltern und Großeltern verbunden. Warum? Eine Spurensuche in Tschechien.
    Falls im Eifer des Gefechts die Anrede mal wieder vergessen gegangen sein sollte, wird sie hiermit mit dem Ausdruck allergrößten Bedauerns in folgender Art und Weise nachgeholt:
    Guten Morgen/Mittag/Tag/Abend. Grüß Gott! Servus.
    Gude. Tach. Juten Tach. Hi. Hallo.

    Und zum Schluss:
    Freundliche Grüße.

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    • Anna Sara Weingart
      Erfahrener Benutzer
      • 23.10.2012
      • 15113

      #3
      Zitat von Araminta Beitrag anzeigen
      ... mehr oder weniger freiwillig nur vor den Russen geflüchtet? ....
      Hallo, Frauen wurden vergewaltigt, Männer nach Sibirien verschleppt. Andere bereits vor Ort liquidiert.
      Das war also meist keinesfalls freiwillig.

      Die Sudetendeutschen waren - abgesehen von einigen Übergriffen - aber noch vergleichsweise "human" vertrieben worden. Im Gegensatz zu Deutschen die weiter östlich verblieben waren.
      Zuletzt ge?ndert von Anna Sara Weingart; 13.06.2020, 00:42.
      Viele Grüße

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      • Niederrheiner94
        Erfahrener Benutzer
        • 30.11.2016
        • 786

        #4
        Guten Abend!

        Das hatte ich beim Verkarten von Sterbeurkunden auch entdeckt: Eine in Hindenburg, Oberschlesien, geborene, heiratet 1955 in Hindenburg, Oberschlesien. Ich dachte an einen Tippfehler bei der Jahreszahlund konnte es mir nicht erklären, aber es war ganz simpel: Ein Teil der Bevölkerung, gerade wenn es um gelernte Industriearbeiter oder Bergleute ging, wurde eine Zeit lang von den Polen geduldet, damit diese auch die „eigenen“ Leute anlernte.

        Übrigens gleiche Titelfrage bei Menschen nach dem 1. Weltkrieg. Mal werden die Menschen aus Posen und Westpreußen als Vertriebene und mal als Flüchtlinge bezeichnet. Letzteres ergibt für mich aber eher Sinn, denn sie durften durchaus dort weiterhin leben, mussten aber unter anderem mit gesellschaftlichen Sanktionen leben.

        Viele Grüße
        Fabian

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        • Juergen
          Erfahrener Benutzer
          • 18.01.2007
          • 6041

          #5
          Hallo Araminta

          ... Meine ehemaligen Nachbarn waren ebenfalls aus dem Sudetenland und hätten uns Kindern eine Kopfnuss gegeben wenn wir "Flüchtlinge" sagten. ...
          Schon "ulkig", dass das Wort Flüchtling damals um und nach 1945 von den ehemaligen ua. aus den Ostgebieten, neu angekommenden Fremden in mehrheitlich Westdeutschland, als Schmipfwort empfunden wurde.

          War denen denn das Wort Vertriebene lieber?
          Ist doch fast gleicher Bedeutung, wie vertrieben.

          Die Neuankömmlinge waren halt zunächst nicht beliebt bei der angestammten Bevölkerung.
          Einge dürften auch noch gehofft haben eines Tages zurück zu kehren in ihre eigentliche Heimat, aus der sie vertrieben wurden. Dies Vermutlich aber nicht unter kommunistischer Herrschaft.

          Es gab ja lange noch Vertriebenen-Verbände und Landsmannschaften in Westdeutschland.

          Viele Grüße
          Juergen

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          • hessischesteirerin
            Erfahrener Benutzer
            • 08.06.2019
            • 1330

            #6
            Zitat von Juergen Beitrag anzeigen
            War denen denn das Wort Vertriebene lieber?
            Ist doch fast gleicher Bedeutung, wie vertrieben.
            es ist schon ein grosser unterschied, ob du freiwillig dein Land verlässt, also flüchtest, oder vertrieben wurdest

            als Flüchtling kannst du frei entscheiden, wann du gehst, wohin du gehst und was du. mitnimmst
            als Vertriebener bekommst du vorgegeben, wann du zu gehen hast, was du mitnehmen darfst und du bekommst sogar gesagt, wohin du gehen musst
            und wenn du in dem für dich bestmmten Ort angekommen bist, sagt man dir, bei wem du wohnen musst

            Kommentar

            • Anna Sara Weingart
              Erfahrener Benutzer
              • 23.10.2012
              • 15113

              #7
              Zitat von hessischesteirerin Beitrag anzeigen
              es ist schon ein grosser unterschied, ob du freiwillig dein Land verlässt, also flüchtest ...
              Hallo, wer "flüchtet", der geht nicht freiwillig, sondern sieht sich gezwungen, schnell wegzugehen.

              Zum Ursprung des Wortes; ich zitiere:

              flüchten = sich oder etw. retten, in Sicherheit bringen, Schutz suchen, fliehen

              spätmhd. ūʒvliehen = entfliehen, sich in Sicherheit bringen (14. Jh.).

              ahd. fluhten = vertreiben, austreiben (9. Jh.)


              Zuletzt ge?ndert von Anna Sara Weingart; 13.06.2020, 21:08.
              Viele Grüße

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              • Juergen
                Erfahrener Benutzer
                • 18.01.2007
                • 6041

                #8
                Hallo hessischesteirerin,

                o.k. verstanden, nur wer flüchtete zum Beispiel vor der anrückenden Roten Armee,
                verließ seine Heimat auch nicht ganz freiwillig, gut es war zwar ihr Wille das ja.
                Korriegiert, denn frei war deren Wille uir Flucht nicht, daher nicht freiwillig.

                Was diese Flüchtenden mitnehmen konnten, auf ihrer Flucht war auch nicht gerade viel.

                Gruß Juergen
                Zuletzt ge?ndert von Juergen; 13.06.2020, 21:30.

                Kommentar

                • hessischesteirerin
                  Erfahrener Benutzer
                  • 08.06.2019
                  • 1330

                  #9
                  Zitat von Juergen Beitrag anzeigen
                  Hallo hessischesteirerin,

                  o.k. verstanden, nur wer flüchtete zum Beispiel vor der anrückenden Roten Armee,
                  verließ seine Heimat auch nicht ganz freiwillig, gut es war zwar ihr freier Wille das ja.

                  Was diese Flüchtenden mitnehmen konnten, auf ihrer Flucht war auch nicht gerade viel.

                  Gruß Juergen
                  es ist aber ein Unterschied, ob ich frei entscheide, was ich mitnehme oder ob mir jemand diktiert, was ich mitnehmen darf
                  und es ist ein Unterschied, ob ich frei entschied, wohin ich gehe und ob ich diktiert bekomme, wohin ich zu gehen habe

                  einfach Menschen fragen, die es erlebt haben, die können die besser erklären, wie ihre Geschichte gewesen ist, ich kann dir nur weitergeben, was mir viele Vertrieben inkl meiner Tante, erzählt haben

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                  • consanguineus
                    Erfahrener Benutzer
                    • 15.05.2018
                    • 5525

                    #10
                    Hallo zusammen!

                    Am anschaulichsten läßt sich der Unterschied zwischen einem "Vertriebenen" und einem "Flüchtling" vielleicht am Beispiel der DDR beschreiben: "Vertrieben" wurde niemand aus der DDR, zumindest nicht, wenn man eine zwangsweise Ausbürgerung nicht als klassische Vertreibung wertet. Hingegen müssen doch viele Menschen das Leben im "real existierenden Sozialismus" als so unerträglich empfunden haben, daß sie die gefahrvollen Flucht in den Westen wagten. Sie mussten aber nicht fliehen! Keine staatliche Institution zwang sie dazu. Es war ihre eigene Entscheidung und Abwägung. Insofern war die Flucht freiwillig.

                    Viele Grüße
                    consanguineus
                    Suche:

                    Joh. Christian KROHNFUSS, Jäger, * um 1790
                    Carl KRÜGER, Amtmann in Bredenfelde, * um 1700
                    Georg Melchior SUDHOFF, Pächter in Calvörde, * um 1680
                    Ludolph ZUR MÜHLEN, Kaufmann in Bielefeld, * um 1650
                    Dorothea v. NETTELHORST a. d. H. Kapsehden, * um 1600
                    Thomas SCHÜTZE, Bürgermeister in Wernigerode 1561

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                    • Anna Sara Weingart
                      Erfahrener Benutzer
                      • 23.10.2012
                      • 15113

                      #11
                      Zitat von consanguineus Beitrag anzeigen
                      ... Keine staatliche Institution zwang sie dazu. ...
                      Das soll wohl ein Witz sein? Die ganze DDR war ein Zwang.

                      Die DDR war auch kein Sozialismus, sondern sie war nur bemüht irgendwann das Idealziel des Sozialismus erreichen zu können. Die DDR befand sich noch im Stadium einer Diktatur des Proletariats.

                      "Die Politik der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands ist auf die allseitige Stärkung des sozialistischen Staates der Arbeiter und Bauern als einer Form der Diktatur des Proletariats gerichtet." - zitiert aus: Autorenkollektiv der Akademie der Gesellschaftswissenschaften beim Zentralkomitee der SED: "Einführung in die marxistisch-leninistische Philosophie", Berlin (DDR), 1989
                      Zuletzt ge?ndert von Anna Sara Weingart; 13.06.2020, 23:45.
                      Viele Grüße

                      Kommentar

                      • consanguineus
                        Erfahrener Benutzer
                        • 15.05.2018
                        • 5525

                        #12
                        Anna Sara, Du hast nicht richtig gelesen. Oder nicht richtig lesen wollen. Auch Teile meiner Familie (trotzdem sie nicht in der NSDAP waren, als "Faschisten und Kriegstreiber" verunglimpfte Großbauern mit >100 ha) empfanden die DDR als Zwang und Staatsterror und flohen rechtzeitig vor dem Bau der Mauer. Aber ungeachtet des Zwangssystems zwang sie niemand zur Flucht. Sie hätte ja wie die meisten anderen bleiben und sich mit dem System arrangieren können. Du verstehst den Unterschied zur Vertreibung? "Real existierenden Sozialismus" habe ich übrigens in Anführungszeichen gesetzt. Mir ist schon klar, daß es sich in Wahrheit um eine Diktatur gehandelt hat.

                        Viele Grüße
                        consanguineus
                        Suche:

                        Joh. Christian KROHNFUSS, Jäger, * um 1790
                        Carl KRÜGER, Amtmann in Bredenfelde, * um 1700
                        Georg Melchior SUDHOFF, Pächter in Calvörde, * um 1680
                        Ludolph ZUR MÜHLEN, Kaufmann in Bielefeld, * um 1650
                        Dorothea v. NETTELHORST a. d. H. Kapsehden, * um 1600
                        Thomas SCHÜTZE, Bürgermeister in Wernigerode 1561

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                        • Anna Sara Weingart
                          Erfahrener Benutzer
                          • 23.10.2012
                          • 15113

                          #13
                          Dann lasst Doch bitte die unsinnige Differenzierung von Flucht und Vertreibung.

                          Wenn im Nachbardorf alle umgebracht werden, und ich daraufhin flüchte, soll dass dann freiwillig sein?

                          Wenn ich in Bautzen einsaß, und später flüchte, war das dann freiwillig?

                          Nein!, man wurde durch die Umstände vertrieben!


                          Nochmal:
                          Zitat von Anna Sara Weingart Beitrag anzeigen
                          ... ahd. fluhten = vertreiben, austreiben (9. Jh.)
                          Zuletzt ge?ndert von Anna Sara Weingart; 14.06.2020, 00:38.
                          Viele Grüße

                          Kommentar

                          • Anna Sara Weingart
                            Erfahrener Benutzer
                            • 23.10.2012
                            • 15113

                            #14
                            Ich weiß ja, dass Flucht und Vertreibung als etwas unterschiedliche Sachverhalte verstanden werden können. Aber in ihrer Auswirkung waren beide gleich: sie beruhten auf die Unfreiwilligkeit der Opfer. Die sahen sich jeweils gezwungen; und wurden entweder direkt durch Militär, staatliche Stellen, oder aber durch die Umstände vertrieben.
                            Zuletzt ge?ndert von Anna Sara Weingart; 14.06.2020, 00:57.
                            Viele Grüße

                            Kommentar

                            • LutzM
                              Erfahrener Benutzer
                              • 22.02.2019
                              • 3028

                              #15
                              Nochmal zum Thema:
                              Ich habe Verwandschaft aus Schlesien, die sind erst in den 70er Jahren in die BRD ausgereist. Die Verwandtschaft floh '45, aber der Familienvater kam erst '48 aus russischer Gefangenschaft zurück. Dann haben sie irgendwann einen Ausreiseantrag gestellt, weil die ganze andere Verwandschaft schon im Westen war, welcher erst nach 10 Jahren bewilligt wurde.

                              Meine Mutter aus Sudetendeutschland kam auch erst '46 nach Norddeutschland weil mein Opa "systemrelevant" war.
                              Lieben Gruß

                              Lutz

                              --------------
                              mein Stammbaum
                              suche Eising * um 1880 aus/bei Creuzburg/Ostpreußen, sowie (August & Hellmut) Wegner und (Friederike) Lampe * um 1840 aus/bei Kleinzerlang/Prignitz

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