Klage, plattdeutsch

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  • dirkjo
    Erfahrener Benutzer
    • 04.01.2010
    • 1754

    [gelöst] Klage, plattdeutsch

    Quelle bzw. Art des Textes: Klage
    Jahr, aus dem der Text stammt: 1606
    Ort/Gegend der Text-Herkunft: Bergedorf


    Hallo,
    diesmal ist der Text klar und deutlich zu lesen. Leider verstehe ich ihn trotzdem nicht. Könnt Ihr mir helfen den Text ins "Hochdeutsche" zu übersetzen?
    Vielen Dank
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    Viele Grüße
    Dirk
  • Xylander
    Erfahrener Benutzer
    • 30.10.2009
    • 6450

    #2
    Hallo Dirk,
    schon mal ein bisschen und noch sehr grob und fehleranträchtig:

    Zu wissen nachdem Carsten Wormer K vor etlichen Jahren ein Stück Landes von seinem damaligen Erbe, welche Stücke Landes bei der Landscheidung (Grenze?) bei Hein Rikes Land "ihm K"(?) gelegen und an der "Suderschen Ferdersten schütt" (Suderschen? oder südlichen? vordersten? Schütt/Stauvorrichtung?), an Garderuth, die Mutter von Clawes Heidelman und Carloff Carloff (?) Khine, für sechzig Mark Grundkapital (sagt google) zum Unterpfand gesetzt und dasselbe Land hernach nochmals an Hein Rike K für 100 Mark Grundkapital verpfändet. Hein Rieke auch dasselbige Stück Landes etliche Jahre gebrauchet und ein jeder bei seinem "Perde" bleiben wollen.

    Na ja, Ihr merkt, dass ich selber noch nicht ganz durchsteige, aber vielleicht ist das mal ein Ansatz

    Viele Grüße
    Xylander
    Zuletzt geändert von Xylander; 01.04.2012, 19:28.

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    • DeutschLehrer

      #3
      Das ist kein Plattdeutsch, das ist Mittel-Niederdeutsch, ein Vorläufer davon.

      Gruß DL

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      • Xylander
        Erfahrener Benutzer
        • 30.10.2009
        • 6450

        #4
        Als diese Sache heutigen Datums vor dem H.H.J. verglichen und vertragen worden dergestalt und also dass Hein Rike des erwähnten Clawes Khines Mutter Garderuth derweilen er das Land etliche Jahre gebraucht und die jüngste "Pandtvorscheinung" Ostern Anno 1607 gehabt will geben und bezahlen fünfzig lübische Mark neben der eines Jahres belegte (angefallene?) Rente (die) ist 3 Mark und 2 Groschen ohne "jennige" (jegliche?) "Unkostung" und Rechtsforderung damit Clawes Khin und seine Mutter auf alle Ansprüche wegen des Landes verzichten und damit zufrieden gewesen. Dagegen soll Hein Rike das Land künftig für dasselbe Geld zu Gebrauch haben bis solange er sein Kapital wiederum bezahlt bekommen.
        Verhandelt 11. März Anno 1606

        Viele Grüße
        Xylander
        @ DL Ja, natürlich mittelniederdeutsch
        Zuletzt geändert von Xylander; 01.04.2012, 19:14.

        Kommentar

        • Xylander
          Erfahrener Benutzer
          • 30.10.2009
          • 6450

          #5
          Hallo Dirk

          2. Versuch

          Zu wissen, nachdem Carsten Wormer K (= Kläger?) vor etlichen Jahren ein Stück Landes von seinem damaligen Erbe, welche Stücke Landes an der Grenze zu Hein Rikes Land [zu] ihm K belegen (ihm dem K zugehörig) [sind] und am vordersten Suderschen Stau, [der] Garderuth Heidelmanns, Mutter von Clawes und Carloff Khin, für sechzig Mark Hovetstoll zum Unterpfand gesetzt und dasselbige Land nochmals dem Hein Rike K (= 2.Kläger?) für 100 Mark Hovetstoll(?) verpfändet [hat]. Hein Rike auch dasselbige Stück Landes etliche Jahr gebraucht/genutzt [hat] und ein jeder bei seinem Perde(?) (=Rechtsauffassung?) [hat]bleiben wollen.
          Als[o] ist diese Sache mit heutigem Datum verglichen und vertragen (versöhnlich abgeschlossen) worden dergestalt und also dass Hein Rike [der]erwähnten Garderuth, Mutter des Clawes Khin weil er das Land etliche Jahre genutzt und die letzte Pandtvorscheinung zu Ostern Anno 1607 gehabt (hätte haben sollen) fünfzig Mark lüb[ischen Geldes] geben und bezahlen will neben der für ein Jahr angesetzten Rente (Zins?) in Höhe von 3 Mark und 2 Groschen ohne jede Unkostung (Kostenberechnung?) und Rechtsforderung [und dass] Clawes Khin und seine Mutter sich aller Ansprüche wegen des Landes begeben [haben] und damit zufrieden gewesen [sind]. Dagegen soll Hein Rike das Land künftig für dasselbige Geld in Gebrauch haben bis er seinen Hovetstoll wiederum bezahlt bekommen [hat].
          Verhandelt 11 März Anno 1606

          Gertrud Heidelmanns scheint Ehefrau von einem Heidelmann zu sein (2.Ehe?)
          Den juristischen Aspekt habe ich noch nicht durchdacht.
          Falls Du es gern ganz genau wissen möchtest, könntest Du im Institut für niederdeutsche Sprache in Bremen, evtl. an der Uni Münster oder der Uni Kiel anfragen.

          Aber vielleicht findet sich hier ja ein Kundiger, der Ungenauigkeiten, Fragezeichen und Fehler beseitigen kann.

          Viele Grüße
          Xylander

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          • DeutschLehrer

            #6
            Auch Martin Keller aus Oldenburg ist ein Spezialist für solche Übersetzungen
            Hier ein Beispiel: http://www.stadt-land-oldenburg.de/urkunde.htm

            Gruß DL

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            • Xylander
              Erfahrener Benutzer
              • 30.10.2009
              • 6450

              #7
              Danke, DL. Das sieht sehr kompetent aus.

              @Dirk: ich würde Dir raten, Profi-Hilfe in Anspruch zu nehmen. Meine Übersetzung ist nicht besser als was der Google-Übersetzer liefern würde, wenn er Mittelniederdeutsch draufhätte. Aber natürlich konnte ich der Versuchung nicht widerstehen.

              Den Rechtsfall interpretiere ich so:

              Parteien:
              auf der einen Seite Carsten Wormer und Hein Rike, auf der anderen Gertrud Heidelmans und ihr Sohn Clawes (Claas/Klaus) Khin

              Ausgangslage:
              Carsten Wormer hat Landstücke zweimal verpfändet, einmal an Hein Rike für 60 M und dann an Gertrud Heidelmans für 100 M. Dass er einer der beiden Parteien Jahreszinsen gezahlt hätte, ist zumindest nicht erwähnt. Hein Rike konnte das Land immerhin nutzen.

              Vergleich:
              Gertrud Heidelmans und ihr Sohn Clawes Khin erhalten einmalig 50 M und einen Jahreszins von 3 M 2 Groschen. Hein Rike darf das Land weiterhin nutzen, bis er das dem Carsten Wormer geliehene Geld (plus die 50 M?) zurückerhält.

              Falls es sich nicht um zwei verschiedene "Marck"-Währungen handelt, verstehe ich nicht, warum Gertrud Heidelmans so schlecht gestellt wurde. Vielleicht war sie froh, überhaupt etwas zu bekommen.

              Die Erklärung K = Kläger gefällt mir auch nicht, vielleicht stattdessen Klageempfänger?

              Schon wegen dieser Ungereimtheiten sollte jemand ran, der wirklich was davon versteht. Auch die Genealogie Heidelmans-Khin ist mir nicht ganz klar.

              Aber erstmal siehst Du, worum es geht.

              Viele Grüße
              Xylander

              Kommentar

              • Rowena Rathke
                Benutzer
                • 25.12.2011
                • 17

                #8
                Guten Abend,
                Ich habe mich auch einmal an dem Text versucht:

                Zu wissen na (nach) dem Carsten Wormer K vor etlichen Jahren ein Stück Land
                von seinem damaligen Erbe, welche Stücke Landes bei der Landscheidung( Landtrennung) an bei Hein Riken Lande ihm K belegen und an der suderschen Ferdersten schütt, Garderuth Heidelmans Clawes und Carloff Khinen Mutter für 60,00 Mark hovetstoll (...zahlen?) verpachtet. Hein Rike auch das selbige Stück Landes etliche Jahre gebraucht und ein Jeder bei seinem (Pferde? Bede?) bleiben wollte.
                Als ist diese Sache heute dato vor den H. H. J. vorge(liktet)gelegt? und vorgetragen worden dargestellt und also das Hein Rike gedachten Clawes Khinen Mutter Garderuth derweil er das Land etliche Jahre gebraucht und die jüngste Pfandvorscheinung gehabt zu Ostern Anno 1607 will gegeben und bezahlen 50,00 Mark Lüb. Nebst den eines Jahres belegten Rente ist 3 Mark 2 ß (Währung) ohne jene Unkosten und Rechtsforderung damit Clawes Khin und seine Mutter sich aller Ansprüche wegen des Landes begeben und damit friedlich gewesen. Darüber soll Hein Rike das Land (noch)mals vor dem seeligen Geldes zu gebrauchen haben bis so lange er seinen (hovets)(bezahlen oder zoll) wiederum behalten bekommen.
                Act- 11. März 1606
                Liebe Grüße Rowena

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                • Xylander
                  Erfahrener Benutzer
                  • 30.10.2009
                  • 6450

                  #9
                  Hallo Rowena,

                  schön, dass Du mitmachst, Deine Übersetzung geht ja auch in eine ganz ähnliche Richtung. Ein paar Worte deute ich anders bzw. Quellen legen eine andere Deutung nah.

                  vorpendet = verpfändet (nicht: verpachtet)
                  vorpendet

                  hovetstoll = Kapital, gebildet aus hovet= Haupt und toll= Zoll, Abgabe, aber zusammen nicht Hauptzoll
                  hovetstoll

                  vorgeliket und vordragen = verglichen und vertragen/einig geworden (stehende Floskel)
                  verglichen und vertragen

                  dergestalt und also dat = dergestalt und also dass (nicht: dargestellt)
                  dariegen = dagegen (nicht: darüber)
                  hernachmahls = hernachmal = künftig (nicht: nochmals)
                  vor = für (hier nicht: vor)
                  seluigen = selvigen = selbigen (nicht: seeligen)
                  bethalet = bezahlt, ausgezahlt (nicht: behalten)

                  Gut, dass Du die Sudersche Ferderste schütt unübersetzt gelassen hast. Zwar ist Schütt = Stauvorrichtung, aber hier müsste man die Örtlichkeit zur damaligen Zeit kennen, auch wissen, ist das nun bei einem Herrn Suder oder südlich gelegen.

                  Viele Grüße
                  Xylander

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                  • UrsulaK
                    Erfahrener Benutzer
                    • 05.02.2011
                    • 517

                    #10
                    Ein paar Bememerkungen:

                    "hovetstoll" und "renter" gibt es heute noch im Dänischen.

                    Renter ist ganz richtig mit Zinsen wiedergegeben.

                    Hovetstoll wäre dän. hovedstol und ist die Hauptschuld, der ursprüngliche Betrag ohne Zinsen und Kosten.

                    Ergänzung: Bei "Perde" ist im Drucktext ein Fragezeichen, ein Transkriptionsfehler kann also vorliegen.
                    Liebe Grüsse UrsulaK

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                    • Xylander
                      Erfahrener Benutzer
                      • 30.10.2009
                      • 6450

                      #11
                      Hallo Ursula,

                      danke, das bringt uns doch ein schönes Stück weiter!

                      Bei Perde dachte ich auch einen Transkriptionsfehler. Gedanke: vielleicht steht da "undt ein Jeder by sinem Pande bliven wollen" - beide Darlehensgeber beharrten auf ihrem Pfandrecht.

                      Perde hieße ja Pferd, aber "keiner wollte von seinem Pferd herunter" oder so ähnlich, das wäre mir für so einen Text dann doch zu blumig.

                      Viele Grüße
                      Xylander

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                      • Rowena Rathke
                        Benutzer
                        • 25.12.2011
                        • 17

                        #12
                        Hallo Xylander,
                        gut, daß du meinen Beitrag nachbearbeitet hast.
                        Könnte Hovetstoll Hof bedeuten, für den ein Zoll bezahlt wird?
                        Ein bischen erinnert mich hovets auch an das Wort Herbst, dann könnte es sich um eine Abgabe, die nach der Ernte gezahlt wird, handeln.
                        Viele Grüße
                        Rowena

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                        • Xylander
                          Erfahrener Benutzer
                          • 30.10.2009
                          • 6450

                          #13
                          Hallo Rowena,

                          Ursula hat Recht, es heißt Hauptschuld, das ergibt sich auch aus zahlreichen Google book-Funden, in denen immer von hovetstoll unde rente, Hauptschuld und Zinsen, die Rede ist.
                          hovetstoll rente

                          Hovet bedeutet eindeutig Haupt. Hofes hieße hoves und Herbst ist im heutigen Plattdeutsch Harwst/Herwst, siehe engl. harvest=Ernte. Gleich welche Wortform: für Herbst müsste ein r drin sein.

                          Zumindest diese Frage ist gelöst: der Carsten Wormer hat sich zwei Darlehen von zwei verschiedenen Leuten geben lassen und beiden dafür dasselbe Grundstück verpfändet, ihnen also ein Grundpfandrecht eingeräumt. Heutiges Beispiel wäre die Hypothek.

                          Zinsen hat er nicht gezahlt, stattdessen durfte eine Partei das Land nutzen
                          (so kamst Du sicherlich auf die Pacht, aber die ist es eben nicht). Die andere Partei ging leer aus.

                          Hier setzt der Vergleich an, der aber, so wie ich ihn verstehe, die Garderuth benachteiligt. So nach dem Motto: soll froh sein, dass sie überhaupt was kriegt. Oder vielleicht verstehen wir hier doch noch was falsch.

                          Schön wäre es, wenn wir auch noch das Pferd vom Eis kriegten.

                          @ Dirk: hast Du auch die Handschrift?

                          Viele Grüße
                          Xylander

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                          • Rowena Rathke
                            Benutzer
                            • 25.12.2011
                            • 17

                            #14
                            Guten Abend,

                            da das Pferd nicht gemeint sein kann, wäre das Orginaldokument hilfreich.

                            Meine Vorschläge:

                            Erde

                            peern - da weiß ich nicht, ob ich es richtig schreibe - im Malchiner Sprachgebrauch für "treten" im Hoch- und Plattdeutschen

                            Fuhrt, falls die "schütt" eine Aufschüttung von Erde in einem Gewässer ist

                            Viele Grüße
                            Rowena

                            Kommentar

                            • Xylander
                              Erfahrener Benutzer
                              • 30.10.2009
                              • 6450

                              #15
                              Hallo Rowena,

                              das denke ich auch, dass wir das Originaldokument brauchen, sonst rätseln wir hier noch lange herum. Pand würde halt sinngemäß gut passen, ließe sich auch leicht ver-lesen.

                              Aber es kann natürlich auch etwas anderes sein.

                              Zu Deinen Hinweisen:

                              treten heißt in anderen heutigen Platt-Varianten pedden.

                              Schütt ist keine Aufschüttung, sondern ein Brett oder eine Klappe zur Regelung des Wasserstandes für das Befahren mit Booten, wohl in einer frühen Art von Schleuse, aber das wunderschöne technische Schaubild habe ich wieder in den Weiten des Netzes verloren. Stattdessen dies:
                              Schütt

                              Bei Erde wäre das P oder was auch immer da steht, nicht abgedeckt. Oder es müsste Eerde geschrieben sein.

                              Auch für Ferderste würde ich lieber mal das Original sehen. Und dann meine ich sowieso, dass für eine möglichst hieb- und stichfeste Übersetzung ein Profi ranmüsste. Erstens niederdeutsch, zweitens mittelniederdeutsch (wenn auch in der Spätphase, Hochdeutsch dringt schon ein), und dann auch noch Fachbegriffe und juristische Floskelei - das ist ein bisschen viel auf einmal.

                              @ Dirk, das soll nicht heißen, dass es keinen Spaß macht.

                              Viele Grüße
                              Xylander

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