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Rheinländer 18.11.2019 19:32

Verwandtschaft 3. Grades?
 
Hallo zusammen,

ich tue mich leider unheimlich schwer mit den Verwandtschaftsgraden und blicke beim System der Nummerierung nach all den Jahren immer noch nicht durch :o

Nun stand in einem Sterbeeintrag einer Vorfahrin (Anna Rath) ein Zeuge (Johann Rommersbach), der mit der Verstorbenen im dritten Grad verwandt war. Nachdem ich nun erfolglos seine und ihre Vorfahren auf Gemeinsamkeiten überprüft habe kam mir die Idee, es eventuell mit seiner Ehefrau zu versuchen, der Maria Susanna Zillien. Und tatsächlich war meine Vorfahrin Anna Rath deren Großmutter.

Jetzt ist meine Frage: Liegt bei dieser Verwandtschaftskonstellation eine Beziehung dritten Grades (angeheiratet??) vor? Im Anhang mal eine kleine Übersicht.

Wäre froh, wenn mir jemand helfen könnte, Licht ins Dunkel zu bringen!


Vielen Dank im Voraus und einen schönen Abend :faehnchen:

Anna Sara Weingart 18.11.2019 20:30

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Hallo,
unter dem Begriff Verwandtschaft verstand man früher etwas anderes, als das was wir heute darunter verstehen. Genauer ausgedrückt: Verwandtschaft musste nicht automatisch ein genetische sein (gemeinsame Ahnen) so wie man es heute versteht.

Also früher galt: Schwägerschaft = auch eine Form von Verwandtschaft.
Siehe dazu das Bild im Anhang. Quelle: https://www.zedler-lexikon.de/index....teiformat=1%27)

Die Lateiner hatten sogar eine Bezeichnung für Deinen Fall: Mutter der Schwiegermutter = socrus magna
(Anmerkung: socrus = Schwiegermutter, magnus = groß)

Anna Sara Weingart 18.11.2019 22:00

Zitat aus Oekonomische Encyklopädie von J. G. Krünitz:

"Verwandtschaft (lat. cognatio, consanguinitas im Rechtswesen),
1) im weitesten Sinne das durch Beischlaf unter gewissen Personen entstandene Verhältniß. Wird dieses in Beziehung auf die bloß durch den Beischlaf ohne weitere Folgen stattgehabte Verbindung betrachtet, so entsteht daraus das Verhältniß der Schwägerschaft (adfinitas); nimmt man aber auf die durch den Beischlaf entstehende Zeugung, auf die Einheit des Blutes (jus sanguinis) Rücksicht, so tritt das Verhältniß
2) der Verwandtschaft im engern Sinne (consanguinitas, cognatio stricte sic dicta) hervor, d. h. die durch Erzeugung zwischen gewissen Personen entstandene Verbindung, wonach die eine von der andern, oder beide zusammen von Einer dritten Person abstammen."

Anna Sara Weingart 18.11.2019 22:35

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Siehe Bildanhang
Anmerkung: "computatione gradum consanguinitatis" = Berechnung des Grades der Blutsverwandtschaft (bzw. "Blutfreundschaft")

(Quelle: Johann Gottlieb Heineccius: Academische Reden über desselben Elementa iuris Civilis secundum ordinem institutionum, 1766, Seite 148)

HeikoH 19.11.2019 21:50

Hallo Rheinländer,

vielleicht hilft dir diese kleine Broschüre auf der Homepage "Familienforschung in Dortmund" weiter.

Eine der nächsten Ausgaben der "Computergenealogie" wird auch Verwandtschaftsgrade und -bezeichnungen als Schwerpunktthema haben.

Viele Grüße
Heiko

Rheinländer 20.11.2019 18:53

Hallo Anna Sara und Heiko,


vielen Dank für Eure Antworten und die Hilfestellungen. Die Übersichten und die Infos haben die Sache schon etwas klarer werden lassen, also kann beim angeheirateten Verwandten ebenso die Gradbezeichnung angewendet werden, wie beim Blutsverwandten.

Eine offene Frage wäre aber noch: Johann Rommersbach wird als Verwandter 3. Grades bezeichnet, die Verwandtschaft von Ehefrau zu Verstorbener beträgt aber nur 2 Grade - oder sehe ich das falsch?


Viele Grüße und einen schönen Abend :faehnchen:

Anna Sara Weingart 20.11.2019 19:28

Du siehst es richtig.
Also hatte man in diesem Fall anscheinend, mit der Verbindung von der Ehefrau zum Ehemann, einen weiteren Grad hinzuaddiert. Was ja wohl völlig legitim war, weil es vermutlich gar keine geregelte Art und Weise gab, wie man den Verwandtschaftsgrad bei Schwägerschaften genau berechnet.

In der einen Quelle, die ich oben zitiert habe, wird philosophiert, dass ein Ehepaar als ein Leib zu betrachten wäre, und demnach der Ehemann den selben Verwandtschaftsgrad zu den Verwandten seiner Frau hätte, wie die Ehefrau selber. Die Argumentation finde ich aber ein bißchen abwegig.

HeikoH 21.11.2019 00:46

Ja, ich sehe es auch so wie Anna Sara:
Anna Rath war die Großmutter von Maria Zillien und ist damit mit ihr im 2. Grad verwandt (und zwar sowohl nach dem aktuellen juristischen als auch nach dem alten und neuen Kirchenrecht).

Johann Rommersbach dann als "3. Grad" zu bezeichnen war eine etwas freie Interpretation des Pfarrers, denn auch Johann Gottlieb Heinecke war ja schon 1748 nicht ganz wohl bei dem Gedanken: In dem von Anna Sara angehängten Screenshot schreibt er ja dann auch, dass die Schwägerschaft "eigentlich keine gradus habe, weil sie nicht ex generatione (durch Erzeugung), sondern ex nuptiis (durch Heirat) entspringen".
Grade könne man daher bei Schwägerschaft nur "ex analogia" angeben.

Liebe Grüße
Heiko

wimper 21.11.2019 09:15

Also das heutige Recht weist Verschwägerten Linie und Grad der Verwandtschaft des die Schwägerschaft vermittelnden Ehegatten zu. Ehegatten deshalb als "ein Leib" zu betrachten ist auch heute noch so. ;)


zum Nachlesen: § 1589 BGB regelt die Verwandtschaft, § 1590 BGB die Schwägerschaft.

Rheinländer 22.11.2019 13:32

Vielen Dank Euch allen für die Überlegungen und Informationen! :danke:


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