Wehrmachtsdeserteure in Schweden

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  • gki
    Erfahrener Benutzer
    • 18.01.2012
    • 4843

    Wehrmachtsdeserteure in Schweden

    Hallo beisammen,

    ich interessiere mich für Angehörige der damaligen Wehrmacht und anderer Kräfte, die sich während des Krieges nach Schweden abgesetzt haben. Ich habe gelesen, daß Schweden diese teilweise an die Sowjetunion auslieferte.

    Mich interessiert: Wie groß war dieser Teil? 90%? 10%? Betraf es nur bestimmte Untergruppen? Was passierte mit den anderen?

    Gibt es Datenbanken oder Verzeichnisse dieser Personen, zum Beispiel Insassenlisten der Lager, die die Schweden eingerichtet hatten?

    Könnte es eventuell Verhörprotokolle seitens der Schweden oder anderer geben?

    Ich würde mich freuen, wenn ich dazu Hinweise auf mögliche Quellen und auch Sekundärliteratur bekommen könnte.
    Gruß
    gki
  • Saure
    Erfahrener Benutzer
    • 27.03.2008
    • 4806

    #2
    Hallo Themenstarter,

    für ein bißchen Hintergrundwissen:
    Bis in die Gegenwart hält sich in unserem Lande die nichttotzukriegende Mär‘, dass „man damals keine andere Wahl hatte“ und „mitkämpfen musste, im (Zweiten Welt-)Krieg“ – „auf Gedeih und Verderb hin“, somit gezwungen gewesen sei auch jene Massaker an Polen, Juden, Russen, Serben und Roma mit zu begehen, wollte man nicht selbst erschossen werden.  Dennoch haben […]
    Viele Grüße
    Dieter Saure

    Jeder Mensch hat etwas, was ihn antreibt.
    Manchmal findet man, was man sucht. Nicht immer sucht man das, was man findet.
    Ab und zu findet man etwas, was man überhaupt nicht gesucht hat, und stellt dann fest, dass es genau das war, was einem gefehlt hat.
    Alle sagten immer, das geht nicht, dann kam jemand, der das nicht wusste, und hat es einfach gemacht.

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    • gki
      Erfahrener Benutzer
      • 18.01.2012
      • 4843

      #3
      Hallo Herr Saure!

      Zitat von Saure Beitrag anzeigen
      für ein bißchen Hintergrundwissen:
      http://www.hagalil.com/archiv/2011/0...chtsdeserteur/
      Vielen Dank, aber so richtig bringen mich weder dieser Link, noch die dort angegebenen Links weiter.

      Hier ein Link, der die Abschiebung von baltischen Soldaten, die für die Deutschen gekämpft hatten, behandelt:



      Erwähnt werden auch 3000 deutsche Soldaten, die in die Sowjetunion abgeschoben worden sein sollen.

      Offenbar gab es ein Abkommen der Alliierten (untereinander? mit Schweden?) das besagte, daß Angehörige der Wehrmacht an ihren letzten Einsatzort zu verbringen waren. Aber so ganz klar ist mir das noch nicht.
      Gruß
      gki

      Kommentar

      • gki
        Erfahrener Benutzer
        • 18.01.2012
        • 4843

        #4
        Ich hätte gleich bei Wikipedia nachschauen sollen...



        Der dortige Artikel referenziert einen Artikel ",,Ort der Gefangennahme: Schweden" *Zur Auslieferung von Angehörigen der Deutschen Wehrmacht aus Schweden an die Sowjetunion 1945/1946"

        Dort findet man:

        Unter heftigem Protest von Teilen der schwedischen Bevölkerung und
        Widerstand der betroffenen Soldaten (Selbstmorde, Selbstmordversuche,
        Hungerstreiks, Selbstverstümmelungen) wurden im Zeitraum Dezem-
        ber 1945 bis Januar 1946 rund 2.520 dieser Männer in drei Transporten an
        die Sowjetunion ausgeliefert, darunter auch jene 146 Soldaten baltischer
        Herkunft, um die sich die Diskussionen in Schweden um das Für und
        Wider einer Auslieferung an die Sowjetunion hauptsächlich drehten,
        310 Mann wurden an die britischen Besatzungsbehörden in Deutschland
        übergeben, und etwas mehr als 50 Mann kamen nach Polen. Insgesamt
        entkamen nur 80 Mann durch massive Selbstverstümmelungen der Aus-
        lieferung und wurden später den zivilen Behörden übergeben.


        Ferner wird berichtet, daß Wehrmachtsangehörige, die aus Norwegen nach Schweden gekommen waren, an die Briten überstellt wurden. Das sind wohl die oben erwähnten 310 Personen.

        20 Elsässer, die auch aus dem Kurlandkessel kamen, wurden der französischen Botschaft übergegeben.

        Allerdings handelt es sich hier wohl nicht um Deserteure, sondern um vor den Sowjets geflohene Wehrmachtsangehörige, die erst April/Mai 1945 nach Schweden kamen.

        Es gibt auch ein Buch "Schutzlos in Schweden", das sich mit dem Thema befaßt.

        Dummerweise ist das nicht mein Thema...

        Mich interessieren die vorher schon dorthin geflohenen Deserteure.

        Es ist natürlich möglich, daß diese mit den Neuankömmlingen zusammengefaßt wurden.
        Gruß
        gki

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        • gki
          Erfahrener Benutzer
          • 18.01.2012
          • 4843

          #5
          Offenbar wurden Deserteure nicht mit den anderen zusammengefaßt.

          Dieser Bericht


          erwähnt, daß einige Offiziere sich schon am 30.4. abgesetzt hatten und darum von denen die nach ihnen kamen als Deserteure angesehen wurden.

          Diese Gruppe wurde offenbar alsbals an die Briten nach Lübeck überstellt.

          Wenn man auf Schwedisch nach "tyska desertörer" googelt, findet man eine ganz menge Sachen, aber die Resultate sind natürlich auch wieder auf Schwedisch...

          Vägershult war offenbar das wichtigste Internierungslager für Deserteure:




          Es gibt eine wissenschaftliche Veröffentlichung dazu, aber auch die ist auf Schwedisch und eine Besprechung dieser Arbeit zeigt, daß es eher weniger um die Leute im Lager als um die Lager und ihre Administration geht.

          Aber offenbar gibt es immerhin noch Archivalien zu diesen Lagern.
          Gruß
          gki

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          • gki
            Erfahrener Benutzer
            • 18.01.2012
            • 4843

            #6
            Ich habe mittlerweile Auskunft erhalten, daß es zu Ausländern in Schweden zu dieser Zeit Archivalien im Reicharchiv Stockholm gibt und eine Anfrage gestellt.
            Gruß
            gki

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            • gki
              Erfahrener Benutzer
              • 18.01.2012
              • 4843

              #7
              Ich habe schon Auskunft erhalten!

              Die mich interessierende Person hast sich in der Tat Anfang 1945 mit drei Kollegen von Norwegen nach Schweden abgesetzt und war im Lager Vägershult untergebracht. Nach Kriegsende verließ derjenige das Lager ohne Genehmigung und hat sich offenbar irgendwie nach Deutschland durchgeschlagen und taucht von daher wohl in der obigen Statistik nicht auf.

              Jetzt frage ich mir natürlich, wie ich den weiteren Weg nachvollziehen könnte. Da er und seine Kollegen Schweden nicht offiziell verlassen haben, müßte ich wohl in Deutschland oder vielleicht Dänemark weitermachen. Oder vielleicht lieber bei den Allierten?

              Ich kann mir nicht vorstellen, daß er im Frühsommer 1945 einfach so von Schweden nach Süddeutschland reisen konnten.
              Gruß
              gki

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              • muno11
                Erfahrener Benutzer
                • 02.05.2008
                • 160

                #8
                Zitat von gki Beitrag anzeigen
                Ich habe mittlerweile Auskunft erhalten, daß es zu Ausländern in Schweden zu dieser Zeit Archivalien im Reicharchiv Stockholm gibt und eine Anfrage gestellt.
                Hallo gki,

                ich habe das Thema leider erst jetzt gelesen. Eine Anfrage beim schwedischen Kriegs/ Reichsarchiv lohnt sich tatsächlich - mir wurde dort geholfen.

                Mein Großvater kam vom Kurland aus nach Schweden und war im Lager Backamo, dem größten der Lager für die Deutschen. Mit dem ersten (Haupt-) Transport am 02.12.45 wurde er an die Sowjets ausgeliefert. In den schwedischen Archiven sollen auch viele unveröffentlichte Fotos aus den Lagern liegen, die noch nicht veröffentlicht wurden.

                Alle sogenannten "Schwedenfahrer" kamen zuerst in die sogenannte "Zuckerfabrik" in Lettland und wurden dann weiterverteilt. Mein Opa war u.a. in einem Moskauer Lager.

                Die Geschichte der 3000 ist wirklich eine tragische... 1400 Männer hätten nicht mehr sterben müssen; mein Opa kam zum Glück zurück.

                Beste gruße

                Kommentar

                • Matthias Möser
                  Erfahrener Benutzer
                  • 14.08.2011
                  • 2264

                  #9
                  Zitat von muno11 Beitrag anzeigen
                  Hallo gki,

                  ich habe das Thema leider erst jetzt gelesen. Eine Anfrage beim schwedischen Kriegs/ Reichsarchiv lohnt sich tatsächlich - mir wurde dort geholfen.

                  Mein Großvater kam vom Kurland aus nach Schweden und war im Lager Backamo, dem größten der Lager für die Deutschen. Mit dem ersten (Haupt-) Transport am 02.12.45 wurde er an die Sowjets ausgeliefert. In den schwedischen Archiven sollen auch viele unveröffentlichte Fotos aus den Lagern liegen, die noch nicht veröffentlicht wurden.

                  Alle sogenannten "Schwedenfahrer" kamen zuerst in die sogenannte "Zuckerfabrik" in Lettland und wurden dann weiterverteilt. Mein Opa war u.a. in einem Moskauer Lager.

                  Die Geschichte der 3000 ist wirklich eine tragische... 1400 Männer hätten nicht mehr sterben müssen; mein Opa kam zum Glück zurück.

                  Beste gruße

                  http://www.youtube.com/watch?v=17XN8VZ7emU
                  Wenn in den schwedischen Archiven noch viele unveröffentliche Fotos aus den Lagern liegen sollen, die noch nicht veröffentlicht wurden, scheint man sich mit dieser unrühmlichen Geschichte in Schweden noch nicht richtig befassen zu wollen. Dieses Land war doch im 2. Weltkrieg neutral oder nicht?

                  Gruß
                  Matthias
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