Black Tulip: Heimatvertriebene aus den Niederlanden

Einklappen
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge
  • ubbenkotte
    Moderator
    • 13.04.2006
    • 1849

    Black Tulip: Heimatvertriebene aus den Niederlanden

    Hallo,

    bei vielen ist nicht bekannt, dass nach dem zweiten Weltkrieg außer aus Osteuropa auch auch aus dem westlichen Ausland Deutsche abgeschoben wurden. Die niederländische Regierung wollte ab 1946 25.000 Deusche des Landes verweisen (http://de.wikipedia.org/wiki/Operation_Black_Tulip). Häuser und Spargeld wurde beschlagnahmt und die Deutschen wurden in ein Lager in der Nähe von Nimwegen eingewiesen. Vermutlich wurden Nachbarn, Kollegen usw. befragt, wie die Deutschen sich während des Krieges benommen hatten (Pro-Deutsch, geflaggt an deutschen Feiertagen, anti-niederländische Äußerungen usw.). Einer der Familien, die ausgewiesen wurde, war die Familie Peter Brockerhoff. Peter wurde am 15.12.1903 in Benrath bei Düsseldorf geboren (Sohn von Martin August Brockerhoff und Christine Schmitz) und kam schon 1924 nach Hengelo (NL) wo er in einer Maschinenfabrik arbeitete. Am 14.04.1928 heiratete er in Benrath die Benratherin Catharina Maria Daenen (04.08.1904, Tochter von Clemens Daenen und Maria Franken). In Hengelo kamen die beiden Töchter Rosa Maria Christine (19.04.1929) und Catharina Agnes (18.04.1932) zur Welt. Die beiden Mädchen wurden in eine niederländische Schule eingeschult. Später besuchten sie die deutsche Schule in Hengelo, die hier 1940 gegründet wurde. Weiter waren die Mädchen Mitglied im BDM. Die Eltern waren kein Mitglied der Partei. In politischer und polizeilicher Hinsicht fiel die Familie nicht auf. Vermutlich eine falsche Äußerung auf der Arbeit wurde Peter zum Verhängnis. 1947 wurde die Familie verhaftet und nach einem Tag verhaftet. Obwohl der neue Arbeitgeber Peter gerne behalten wollte, wurde das Gesuch des Arbeitgebers abgewiesen. April 1948 wurde die Familie erneut verhaftet und einige Tage später zum Lager bei Nimwegen geschickt. Einen Monat später wurde die Familie endgültig abgeschoben, weil Frau Brockerhof, die durch die Geschehenisse mit ihren Nerven ganz am Ende war, einen längeren Aufenthalt im Lager nicht überleben würde. Die Familie zog daraufhin nach Düsseldorf-Holthausen.
    Da ich einen Artikel für das "Jaarboek Hengelo 2010" über "Black Tulip" schreiben möchte, bin ich auf der Suche nach dieser Familie. Wie ist es der Familie nachher ergangen?
    In Hengelo mussten 12 Familien/Einzelpersonen das Land verlassen. 1948 endete die niederländische Regierung die Operation "Black Tulip". Die römisch katholische Kirche protestierte stark gegen die unmenschliche Behandlung deutscher Niederländer(innen). Für ca. 3700 war es damals schon zu spät. Sie hatten die Niederlande schon verlassen und mussten eine neue Bleibe suchen in der militärischen Zone, wo sie ursprünglich herkamen. Die Deutschen aus der britischen Zone wurden übrigens auch in ein Lager in Lüstringen bei Osnabrück aufgefangen. Hier wohnten bereits Deutsche, die aus Dänemark ausgewiesen worden waren.

    Freddy
  • lajobay
    Erfahrener Benutzer
    • 11.11.2009
    • 1261

    #2
    @Freddy: ein interessantes Thema,ich hatte schonmal davon gehört.Für die einzelnen Betroffenen sicher unschön,ich kann aber persönlich die damalige Vorgehensweise der NL sehr gut verstehen.Mag sein,dass es auch Unschuldige getroffen hat,es gibt eben keine absolute Gerechtigkeit.Immerhin war die von dir genannte Familie "deutsch" genug,die beiden Töchter in den BDM zu schicken.Dazu war meines Wissens in den besetzten Niederlanden keiner wirklich gezwungen Auch das "deutsch heiraten" in Benrath 1928 zeugt -in meinen Augen- von herzlich wenig Integration.Ganz subjektiv gesehen hätte ich die Familie 1948 auch aus NL rausgeschmissen.Rein "vorsichtshalber" ,man kann nie wissen.Und der Protest der röm.-kath.Kirche gegen diese Aktion...naja,eben die Kath.Kirche hat ja (mit sehr aktiver Förderung aus dem Vatikan!)ab 1945 vielen führenden Nazis die bequeme Flucht nach Südamerika ermöglicht.Das darf man dabei nicht vergessen Jedenfalls sollte es recht mühelos möglich sein,das Leben der Familie in D ab 1948 zu recherchieren,beginnend mit alten Düsseldorfer Adressbüchern und Melderegisterauskünften.
    Setze den Beitrag doch vielleicht ins Unterforum Nordrhein-Westfalen rein,da sind die Düsseldorfer auch sehr aktiv.Denn ganz sicher wäre es interessant zu erfahren,was aus den Leuten geworden ist.Nicht nur für das jaarboek Hengelo 2010. Met vriendelijke groeten uit beieren, Lars
    Grossvater *1898 in Carlsrode,Kr.Labiau
    Gesuchte FN: Jodscheit/Jodszeit/Joczatis/Joczeit etc.
    Eweleit,Graef,Willuhn
    aber auch Jodjahn und Erdmann
    (soweit aus Kr.Labiau und angrenzende Kreise)

    Kommentar

    • ubbenkotte
      Moderator
      • 13.04.2006
      • 1849

      #3
      Hallo Lars,

      ich finde die Vertreibung eine sehr schwarze Seite aus der gemeinschaftlichen Geschichte unserer Nationen. Dass die Familie weg musste, finde ich, im Gegensatz zu dir, sehr diskutabel. Die Heirat in Benrath fand wahrscheinlich am Wohnort der Braut statt. Die ganze Verwandtschaft wohnte ja dort. Nach 1933 gab es in den deutschen starke Bemühungen sich zu einem deutschen Verein zu vereinen und versuchte man Deutsche (nicht die politischen Flüchtlinge) zusammen zu bringen. Eine deutsche Dissertation von Katja Happe aus Nürnberg (Deutsche in den Niederlanden 1918-1945, Siegen 2004) zeigt dies auch klar. Obwohl Deutschland und die Niederlande einander sehr ähneln (deshalb auch oft die Animosität zwischen beiden), gibt es auch einige Unterschiede. In der Dissertation werden einige Unterschiede genannt, die an sich winzig sind, aber sehr bedeutend sind, wenn man als Gruppe im Ausland wohnt. Beispiele sind z.B. die Muttersprache, die man auf der Arbeit nicht benutzt, typisch (hier deutsche) Feiertage wie Weihnachen (in den NL feiert man das ganz anders), Gesangsvereine usw., usw. Obwohl die BDM freiwillig war, ist es glaube ich schwer sich daran zu entziehen in einer kleinen deutschen Gemeinschaft wie Hengelo. Viele Klassenkameraden in der deutschen Schule waren ja wohl auch Mitglied. Es ist immer schwierig ein Urteil zu fällen, wenn man nicht dabei gewesen ist und es erlebt hat.
      Die Frage steht auch im NRW-Forum und ich hoffe, dass jemand für mich auf die Suche geht.

      Viele Grüße aus dem sonnigen Hengelo nach Bayern

      Freddy

      PS die katholische Kirche in den Niederlanden war vor und im Krieg antifaschistisch. Vor dem Krieg verbot sie den Katholiken Mitglied der NSB (Nationaal Socialistische Beweging) zu werden oder diese Partei zu wählen. NSB-Mitglieder wurde den Hl. Sakramenten verweigert. Im Krieg wurde unter Führung von Erzbischof De Jong von Utrecht Widerstand geleistet gegen die deutsche Politik in den Niederlanden. Um den Widerstand zu brechen wurden einige wichtige Katholiken verhaftet und ermordet u.a. der Rektor der katholischen Universität Nimwegen Pater Titus Brandsma (selig erklärt im Jahre 1985) und die deutsche Ordensschwester Edith Stein (seit 1998 eine Heilige).

      Kommentar

      Lädt...
      X