Badestube in einem Bauerndorf des 17. Jahrhunderts

[el_marocco]

Liebe Forumsfreunde,

beim Stöbern bin ich auf die Geburt des Jakob Huber am 8.7.1692 gestoßen: https://data.matricula-online.eu/de/...eim001/?pg=149. Dessen Vater Vitus war balneator, also Bademeister. Ich bin überrascht, dass es in einem kleinen Ort wie Kirchdorf bei Kelheim anscheinend damals eine Badestube gab. Was wisst ihr über die ländliche Bade- bzw. Körperpflegekultur zu dieser Zeit?

Viele Grüße

Ulrich

[Gastonian]

Hallo Ulrich:


In deinem Kirchdorf gab es ungefähr 30 Taufen pro Jahr (35 in 1691, 31 in 1692, 25 in 1693).


Im nur etwas größeren Sandersleben/Anhalt (41 Taufen in 1691, 43 in 1692, 31 in 1693) gab es um diese Zeit gar zwei Bader, einer davon mein Vorfahre. Diese Bader waren ja nicht nur Bademeister, sondern auch Zähnezieher und "Chirurgi" im Ort.


VG


--Carl-Henry

[el_marocco]

Ach so, dann habe ich "balneator" nicht richtig gedeutet. Unter einem "Bader" verstehe ich etwas anderes als einen Bademeister. Was ein Bader ist, ist mir natürlich schon klar. Vielen Dank für deinen Hinweis!

[Xtine]

Hallo,

wobei balneator bei GenWiki schon als Bademeister übersetzt wird!

Meyers sagt zum Bader:

Bader (lat. Balneator), ehedem der Besitzer und Vorsteher einer Badestube (Bademeister, Stübner), jetzt in manchen Staaten ein Mann, der zur Ausübung der niedern Chirurgie und zum Rasieren berechtigt ist (auch Wundarzt, Chirurgus u. a. benannt). ...

Er könnte also durchaus auch eine Badstube geführt haben.
Irgendwo mussten sich die Leute ja mal baden (zumindest hin und wieder ) und eigene Badezimmer, wie wir sie heute kennen, gab es nicht. Wie man im Link erkennt, gab es die schon seit dem Mittelalter.

[scheuck]

Interessant ...

Der Bader - Berufe und Tätigkeiten dieser Welt

berufe-dieser-welt.de
https://berufe-dieser-welt.de › die-bader
Jahrhundert; Der Bader im 17. ... für den Badegast selbst, während der Betreiber der Badeanstalt als Badstüber oder Bademeister betitelt wurde ...

[sternap]

ich lernte das noch so, dass der bader ursprünglich das ganze dorf dazu anhielt, die füße in einem wasser aufzuweichen, damit er dann warzen und überwuchernde hornhaut sowie eingewachsene nägel wegschneiden konnte.


kranke hände und schmerzende haut im gesicht wurden in mit heilenden cremes versetzten wassertinkturen gewaschen.

[fajo]

@ Xtine für diese Teil des Lebens wurde einmal in der Woche die große Zinkwanne hervorgeholt. Erst kamen die kleinen dann die großen, evtl. noch der Hund und zum Schuß die Wäsche hinein. Dies natürlich nur um zum einweichen ...

[Gudrid]

Also, dass das jede Woche passiert ist und dass auch der Hund da drin war, halte ich für ein Gerücht

[Xtine]

für diese Teil des Lebens wurde einmal in der Woche die große Zinkwanne hervorgeholt.

Wenn man denn eine hatte. Wer weiß?

[fajo]

@Gudrid das es jede Woche gemacht wurde ist kein Gerücht, allerdings gab es die ersten Zinkwanne erst sein 1895 davor war es ein Holzzuber und den gibt es schon ca. zweieinhalbtausend Jahre zum Bad nehmen......
Nicht nur in Rom wusste man schon das waschen hilft... ok man hatte es eine Zeit vergessen und lieber gepudert (aufgelegt meinte ich natürlich)....

[assi.d]

Bauernbäder gab es schon immer und nicht nur in den eigenen 4 Wänden:

https://www.sagen.at/doku/quellen/quellen_s_tirol/flitzer_wasser.html

Gruß
Astrid

[fajo]

Ich denke mal ganz laut!
Der Höhepunkt der Industrialisierung war ca. 1870–1914 und das erste Volksbad enstand (wahrscheinlich durch die damaligen Wohnverhältnisse) ca.1906. Dadurch vermute ich das der Beruf des Bademeister evtl. noch gar nicht so alt sein könnte? -Und der Bader (balneator) müsste zu dem Zeitpunkt eigentlich als Barbier, Wundarzt und Naturheiler gelesen werden, wie scheuck schon schrieb...
Wieso Tante Google balneator als Bademeister erklärt ist mir nicht so ganz klar. Laut Geschicht müsste es sich im 17. Jh. eher der Bader handeln! - Ok, Latein ist allerdings nicht mein Steckenpferd...

[Svenja]

Hallo

In meinem Lateinlexikon (Stowasser) wird balneator = Bademeister übersetzt.
Da steht nichts von Bader, vermutlich gibt es dafür eine andere Bezeichnung.

Oder die Römer kannten nur den Bademeister (für die Thermen) und nicht den Bader, wie es ihn ab dem Mittelalter gab.

Im übrigen gibt es in der Schweiz Kurbäder (heute Thermalbäder), die bereits seit dem 18. Jahrhundert existieren.

Gruss
Svenja

[Sbriglione]

Oder die Römer kannten nur den Bademeister (für die Thermen) und nicht den Bader, wie es ihn ab dem Mittelalter gab.

Hallo Svenja,

auch die Thermen im antiken Rom waren nicht gerade Schwimmbäder, wie wir sie heutzutage haben, sondern eher eine Art Mischung aus Sauna mit Anwärm- und Abkühlungsbecken, sowie mit Massageliegen und (sofern man das nicht gegenseitig erledigte oder durch seinen mitgebrachten Sklaven erledigen ließ) Massage-Angeboten und weiteren Angeboten aus den Bereichen "Wellness" und "Körperpflege".
Daher ist wohl davon auszugehen, dass ein altrömischer Balneator nicht, wie die heutigen Bademeister im Wesentlichen am Beckenrand aufpasste und neben sonstigen Tätigkeiten für die Qualität und Sauberkeit des Wassers zuständig war, sondern sich insbesondere damit auskannte, was seine Gäste zur Pflege ihrer Gesundheit und ihres Wohlbefindens benötigten. Wie der mitteleuropäische Bader des Mittelalters und der frühen Neuzeit (nur, dass der noch deutlich stärker in medizinischen Belangen gefragt war und - sicherlich anders, als der antike "Balneator" - darüber hinaus auch noch als Chirurg tätig wurde)...

Beste Grüße!

[Bienenkönigin]

Hallo,

ich musste an diesen Thread denken, als ich eben die historische Anzeige eines Warmbadbesitzers fand - allerdings um einiges später, nämlich 1877.
Da hat man sich das Aufheizen und Wasserschleppen in den eigenen vier Wänden sparen können.

Ich bin eine Zeitlang auf dem Weg zur Arbeit in München-Haidhausen immer am "Wannen- und Brausebad" vorbeigekommen, eröffnet 1894.
Anscheinend gibt es die alte Inschrift immer noch:

https://www.holidaycheck.at/m/staedtisches-brausebad/0d4314bc-437f-3654-ba75-fe6bd397b7e9

Viele Grüße
Bienenkönigin