Kaschubischer Kleinadel

Einklappen
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge
  • Erahnen
    Benutzer
    • 30.11.2021
    • 68

    Kaschubischer Kleinadel

    Quellen, Belege, Literatur zum genannten Adel/Namen:
    Die Suche betrifft das Jahr oder den Zeitraum:
    Genauere Orts-/Gebietseingrenzung: Kaschubei
    Fernabfrage vor der Beitragserstellung genutzt [ja/nein]:
    Zur Antwortfindung bereits genutzte Anlaufstellen (Ämter, Archive, Datenbanken):

    Hallo,
    Ich las in diesem Forum den Begriff kaschubischer Kleinadel. Was darf ich darunter verstehen?
    Vielen Dank im voraus
    Bitte vergessen Sie nicht, zusätzlich zum Namen, auch Orts- und Zeitangaben zu machen. Nennen Sie außerdem die Ihnen bereits bekannten Belege/Quellen zum angefragten Adel.

  • #2
    Hallo,
    die Kaschuben sind ein westslawisches Volk in Pommerellen, welches katholisch war. Der kaschubische Adel gehörte zur polnischen Szlachta und auch das kaschubische Volk stand dem Polentum sehr nahe. Die Kaschuben konnten aber große Teile ihrer eigenen Kultur erhalten, während die Masowier und Wislanen komplett im Volk der Polen (früher Polanen) aufgegangen ist.Nach der 1. polnischen Teilung im Jahr 1772 gehörte der kaschubische Adel zum preußischen Adel. Die meisten kaschubischen Familien gehörten dem Kleinadel an und viele verarmten nach der 1. polnischen Teilung oft, da viele wohlhabendere deutsche Adelsfamilien nach Pommerellen (ab 1772 Westpreußen) umgezogen sind und die meisten Ämter bekleidet haben. Dem Kleinadel gehörten nur 1/8 eines Gutes und viele waren komplett landlos. Die Kleinadeligen mussten auch selbst als Bauer mitarbeiten.

    In Großpolen (ab 1793 Provinz Posen), wo meine Vorfahren herstammen, war der Kleinadel fast gar nicht verbreitet und die meisten Adelsfamilien gehörten dem mittleren Adel. Dem mittleren Adel gehörten mindestens ein Gut mit einem Dorf. Vor allem im Osten Polen-Litauens waren die Magnaten, der polnische Hochadel sehr verbreitet, welche oft auf alte ruthenische Fürstenhäuser zurückgehen. Die meisten polnischen Kleinadeligen außerhalb von Pommerellens gab es in Masowien, wo es auch die meisten polnischen Adeligen gab.
    Zuletzt geändert von Gast; 13.12.2021, 18:43.

    Kommentar

    • Erahnen
      Benutzer
      • 30.11.2021
      • 68

      #3
      Vielen Dank!

      Hallo Balduin,
      Vielen herzlichen Dank für die schnelle, ausführliche und gut erklärende Information, klasse!

      Zwei Fragen noch:
      Gibt es zum kaschubischen Kleinadel Verzeichnisse der Adelslinien ( Namen) die ggf auch online abrufbar sind?

      Oder falls das nicht, gibt es zu den Preussischen Adelslinien in der Kaschubei (die du erwähnst) entsprechende Verzeichnisse?
      Vielen Dank nochmals für die klasse Auskunft!

      Kommentar


      • #4
        Hallo,
        hier gibt es eine Huldigungsliste aus dem Jahr 1772 auf der Marienburg:



        Allerdings sind dort leider viele Adelige nicht gelistet, da die meisten Kleinadeligen ihren Adel nicht beweisen konnten. Denn man konnte seinen Adel nur beweisen, wenn die eigenen Vorfahren in Polen-Litauen Ämter inne hatten, welches für die meisten polnischen Kleinadeligen nicht zu traf.
        Zuletzt geändert von Gast; 13.12.2021, 19:26.

        Kommentar

        • Pommerellen
          Erfahrener Benutzer
          • 28.08.2018
          • 1594

          #5
          Hallo,

          noch ein paar weitere Hinweise zu Denen die von Balduin1297 kamen.
          Der so gennannte Kleinadel Kaschubiens ist genau so adelig wie die Anderen, nur waren die Besitzverhältnisse oft ärmlich bedingt durch die Realteilung. Der Besitzer war oft auch selber Bauer, das heißt einen Gutshof oder gar Schloß war nicht drin. Der Adel war auch nicht komplett katholisch. Einige führende Familien wie die Krokowski (Krokow) oder Jannewitz waren evangelisch. Vermutlich waren viele Adelige besonders im Grenzgebiet zu Hinterpommern einmal lutherisch gewesen. Später gab es eine starke Rekatholisierung. Es gab auch eine Menge konfessionsgemischter Ehen. Bedingt durch die Zugehörigkeit zum Königlich Preußen gab es einige Besonderheiten gegenüber dem Rest des polnischen Adels. Bei der Huldigung 1772 werden fast alle Familiennamen genannt nur ist die Anzahl der Familienmitglieder die hätten huldigen können größer. Es gibt schon deutliche Unterschiede in der veröffentlichten Huldigungsliste (siehe Bär oder Zernicki) und dem Original, der Vasallenliste von 1774 und den Kontributionskatastern. Nur die Familien die gehuldigt hatten bzw. sich auf die Vasallentabelle von 1774 bzw. 1790 zurückführen konnten galten in Preußen als adelig. Ggf. gab es auch Anerkennungen mit Zeugen, ich kenne da einen Fall. Nach 1772 waren die katholischen Landbesitzer bzw. die Adeligen im Nachteil. Die Ämter wurden zunächst nicht an Einheimische ausgegeben und die Kontributionen waren deutlich höher wie in Polen oder Ostpreußen. Zudem waren die Güter durch die Erbteilungen überschuldet, da auch die Töchter ausgezahlt wurden. Es kam nach 1800 zu einer massiven Erosion der einheimischen Besitzer. Die Ämter die Balduin anspricht waren oft nur Titel bzw. Scheinämter ohne eine wirkliche Bedeutung. Damit kaufte man Stimmen.
          Bücher die es noch gibt:


          Kujawsko-Pomorska Biblioteka Cyfrowa udostępnia w celach edukacyjnych obiekty cyfrowe należące do bibliotek naukowych regionu.


          Viele Grüße
          Zuletzt geändert von Pommerellen; 13.12.2021, 20:29.

          Kommentar


          • #6
            Hallo,
            sehr viele polnische Adelsfamilien waren calvinistisch, allerdings wurden durch die Gegenreformation der Jesuiten bis Mitte des 17. Jahrhunderts die meisten polnischen Adeligen wieder rekatholisiert. Die Gegenreformation in Polen war die erfolgreichste Gegenreformation in Europa.

            Es gab aber fast gar keine polnische Adelsfamilien, die lutherisch waren, die meisten waren calvinistisch, da es zwischen Frankreich und Polen sehr enge Verbindungen gab. Nur das polnische und kaschubische Volk blieben immer katholisch. Meine eigenen polnischen Vorfahren blieben nach der Gegenreformation Calvinisten.
            Zuletzt geändert von Gast; 13.12.2021, 21:30.

            Kommentar

            • Erahnen
              Benutzer
              • 30.11.2021
              • 68

              #7
              Vielen herzlichen Dank schon einmal, ich werde mir die Links ansehen.

              Kommentar

              • Pommerellen
                Erfahrener Benutzer
                • 28.08.2018
                • 1594

                #8
                Hallo,

                noch eine Ergänzung.
                Viele Familiennamen die im Gebiet der Kaschuben als adelig gelten sind natürlich nicht immer mit einem Adel verbunden. Das liegt einmal daran, dass kaum zu unterscheiden ist ob der Besitzer einer Ortschaft gemeint war zu der Zeit wo der Familienname gebildet wird oder die Person die nach dem Dorf benannt wurde. So gibt es Robakowski als Adel oder Nicht - Adel genau so Lewinski, ... Da ist dann genealogische Forschung gefragt, besonders da die verarmten Familienzweige ohne Landbesitz vielfach im 19. Jahrhundert nicht mehr mit Adelstiteln geführt wurden. Oder der Adel war durch den Landverlust schon vor 1772 nicht mehr gegeben. Zu berücksichtigen ist auch der recht hohe Adelsverlust unter der preußischen Regierung wegen mancher heute so gesehenen Nichtigkeit wie Diebstahl eines Sattels, ...
                Einige der Familien haben auch im genealogischen Handbüchern ihre Stammlinien veröffentlicht. Dazu müssten konkrete Namen genannt werden.

                Mit vielen Grüßen
                Zuletzt geändert von Pommerellen; 13.12.2021, 22:06.

                Kommentar

                Lädt...
                X