Ausschellen

[Gast]

Hallo,

in einer der kleinen Gemeinden, in denen ich meine Kindheit verbracht habe, (in diesem Fall Westerwald) war "Ausschellen" (Mitte der 50er) noch üblich. Der Gemeindediener stellte sich mit einer großen Schelle an eine gut einsehbare/hörbare Stelle, läutete kräftig, alle Fenster in unmittelbarer Umgebung wurden geöffnet, man hörte den "öffentlichen Mitteilungen" der Gemeinde (oder auch des Landes/Staates) zu.

Gab es so etwas auch anderswo?

Viele Grüße
Marlies

[Norbert Staub]

RE: Ausschellen

Hallo Marlies, in der Eifel gab es auch noch den öffentlichen Ausrufer. Mein Schwiegervater hat das noch als Kind 30er Jahre erlebt.


Viel Grüße

Norbert

[Emmel]

RE: Ausschellen

Hallo Marlies,

daran, dass in meiner Kindheit der Gemeindediener, wie er genannt wurde, mit der Handschelle durchs Dorf ging, läutete und 'Bekanntmachung' rief, kann ich mich noch gut erinnern. Das war so Ender der 60er Anfang 70er im Kreis Trier-Saarburg, da wo der Hunsrück ins Saartal übergeht.

Das Schellen war auch für viele eine wichtige Informationsquelle. Fernseher und Telephone waren noch rar und die heute üblichen wöchentlichen Infoblätter gab es überhaupt noch nicht.

Aufgehört hat das 'Läuten gehen', glaube ich, kurz nach der rheinlandpfälzischen (Verbands-)Gemeindereform, als das Dorf der Stadt Konz eingemeindet wurde und seine Eigenständigkeit verlor.

Viele Grüße

Albrecht


PS: ohne den Beitrag hätte ich nie und nimmer mehr daran gedacht, und jetzt fällt mir sogar der Name des Schellenden wieder ein.

[Marlies]

RE: Ausschellen

Original von Emmel
Das Schellen war auch für viele eine wichtige Informationsquelle. Fernseher und Telephone waren noch rar und die heute üblichen wöchentlichen Infoblätter gab es überhaupt noch nicht.

Hallo Albrecht,

stimmt, in "meinem" Ort gab es noch 1960 nur ein Telefon und das gehörte der Post, die gab es nämlich auch im kleinsten Ort, denn diese war ja auch zuständig für die monatliche Rentenauszahlung, so etwas ging "damals" (ist ja noch nicht mal 50 Jahre her) noch "per Hand"

Lieben Gruß
Marlies

P.S. Ist doch schön,wenn solche Erinnerungen wiederkommen, so schätzt man den heutigen "Luxus" eher.

[Uli]

RE: Ausschellen

An das Ausschellen im Ort kann ich mich auch noch erinnern. Der Gemeindediener ging mit der Schelle durch unseren Ort und rief die neuen Beschluesse des Gemeinderates aus genauso dass z. b. das Wasser oder Strompreis erhoet wurde.

mfg Uli

[Uli]

RE: Ausschellen

An das Ausschellen im Ort kann ich mich auch noch erinnern. Der Gemeindediener ging mit der Schelle durch unseren Ort und rief die neuen Beschluesse des Gemeinderates aus genauso dass z. b. das Wasser oder Strompreis erhoet wurde.

mfg Uli

[Herbi]

RE: Ausschellen

Hallo Marlies,
das war in Baden-Württemberg(Talheim,Kreis Tuttlingen) in den ländlichen Gegenden noch weit bis in die 60er Jahre der Fall das der Ausscheller unterwegs war.Zu der Zeit konnte man auch noch die Post dem Postbus mitgeben und war meistens schneller unterwegs wie heute.
Viele Grüsse
Christian

[Marlies]

RE: Ausschellen

Hallo Christian,

irgendwie find ichs schade, dass das Ausschellen verloren gegangen ist, denn wenn man heute nicht online ist bekommt man die "Neuigkeiten" in der Gemeinde gar nicht mehr mit, der Ausscheller verbreitete ja nicht nur amtliches, sondern auch "privates"

ich hätt ihn gerne wieder, es hatte was "persönliches"
aber alles kann man nicht haben -leider-

(ich würde es aber für unser Dorf übernehmen)

Viele Grüsse
Marlies

[Dorothea]

RE: Ausschellen

Hallo, Ihr,
ich habe auch einen kl. Beitrag, da geht es zwar nicht um's Ausschellen, aber ich finde, es paßt durchaus hierher.
In Rerik, an der Ostsee, gibt es eine ziemlich außergewöhnlich große und schön geschmückte Pfarrkirche. Diese Kirche stammt schon aus dem 13. Jh. und hat u.a. eine nette Besonderheit. Es wurde uns erklärt, dass die Predigten im Mittelalter schon mal über die Dauer von vier Stunden gehen konnten, weil anstelle von Zeitungen, etc. eben alles in der Kirche berichtet wurde. Nun schaut Euch mal das Bild an, das ich beifüge. Der Predigter sagte dann "so, gebt mir noch Zeit auf ein Gläschen, damit ich Euch berichten kann..." Seht Euch mal die Gläschen an, es sind keine Eieruhren, aber der Zweck, war derselbe, nur hier wohl ein Glas = eine Stunde
Habt Ihr dgl. auch schon mal gehört oder gesehen? Ich finde diese Geschichte sehr schön
Grüße Euch - Dorothea

[Wolfg. G. Fischer]

Ortsmitteilungen

Es gab auch solche:

"Hiermit wird bekanntgemacht, dass niemand in den Bach reinmacht, denn morgen wird gebraut!"

[AlAvo]

RE: Ausschellen

Hallo Marlies,
hallo Forenteilnehmer,

bei uns wird heute wieder "ausgeschellt", allerdings handelt es sich nicht mehr um Gemeindediener, sondern um Landwirte. Diese ziehen mit einer großen Glocke durch die Straßen und bieten Ihre frischen Produkte an.

So entsteht aus einer alten Informationstechnik ein neuer Marketingansatz in großen Städten.


Grüße
AlAvo

[Marlies]

RE: Ausschellen

Original von Dorothea
Habt Ihr dgl. auch schon mal gehört oder gesehen?

Hallo Dorothea,

nein ich habe so eine Geschichte noch nie gehört, ich finde sie aber auch schön

(Ich bedauere nur die armen Kirchgänger, die 4 Stunden aushalten mußten, da wird wohl so mancher auch bei eingenickt sein)

Viele Grüße
Marlies

[Marlies]

RE: Ortsmitteilungen

Original von Wolfg. G. Fischer
"Hiermit wird bekanntgemacht, dass niemand in den Bach reinmacht, denn morgen wird gebraut!"

Ja, das z.B. in Hamburg so

Gruß Marlies

[Marlies]

RE: Ausschellen

Original von AlAvo
So entsteht aus einer alten Informationstechnik ein neuer Marketingansatz in großen Städten.

Hallo AlAvo,

bei uns auf dem Land war es schon immer so Da kommt an 2 Tagen in der Woche der Bäcker mit seinem Auto, welches zum Verkaufsstand umgebaut ist, er kommt immer so gegen 10 Uhr, auf die Minute pünktlich sein kann er ja nicht, und um zu verkünden, dass er jetzt dasei, läutet er kräftig.

Und der Metzger geht auch so auf Verkaufstour

Viele der älteren/alten Leute sind dankbar um solche Einkaufsmöglichkeiten, nicht jeder darf ja noch Autofahren oder hat nette Nachbarn, die helfen, wenn es nötig sein sollte.

Viele Grüße
Marlies

[Wolfg. G. Fischer]

Bekanntmachungen

Es wurde uns erklärt, dass die Gottesdienste im Mittelalter schon mal über die Dauer von vier Stunden gehen konnten, weil anstelle von Zeitungen, etc. eben alles in der Kirche berichtet wurde.

Hallo Dorothea,

das war überall so! Daraus entwickelte sich die Tradition, dass in meiner Familie bis zum Tod der Großmutter 1979 immer mindestens ein Familienmitglied den Gottesdienst besuchte!

Mit besten Grüßen
Wolfgang