Bitte an Lateinkundige!

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  • Jettchen
    Erfahrener Benutzer
    • 16.10.2011
    • 1361

    [gelöst] Bitte an Lateinkundige!

    Quelle bzw. Art des Textes: Epitaphium
    Jahr, aus dem der Text stammt: 1584
    Ort/Gegend der Text-Herkunft: Coburg
    Namen um die es sich handeln sollte: Moerlinus


    Hallo ihr Lateinkundigen!

    Ich verstehe zwar in etwa den Text dieses Nachrufs. Zum Niederschreiben für meine Nachkommen würde ich aber gerne eine richtige Übersetzung zur Verfügung haben. Ich komme bei mehreren Worten einfach nicht mit den richtigen Fällen klar - z.B. "hunc" in Zeile 3 etc.etc....

    So habe ich angefangen:
    Hier ruht in der Erde Mörlinus, der Größte in der Kunst,
    der Größte im Geist, der Größte in der Rede.
    Er kam aus der Leucorea (Universität Wittenberg), (? hunc?)
    …….. die als erste das Papsttum zugrunde gerichtet hat (??)….
    (Dann habe ich aufgegeben!)

    Zur Information einiger Begriffe:
    Moerlinus war Pfarrer in Pegau (Pegae), in Zeitz (Zizae) und Schalkau (Schalcoviae), ehe er nach Coburg kam.

    Ich würde mich über Hilfe sehr freuen, hat aber Zeit.

    Euch allen danke für alle Hilfe.
    Frohe, gesegnete Weihnachtstage wünscht euch
    Jettchen
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  • Interrogator
    Erfahrener Benutzer
    • 24.10.2014
    • 1982

    #2
    Hallo,

    mein Versuch:
    Hier ruht in der Erde In dieser Erde ruht Mörlinus, der Größte (= sehr großer/bedeutender) in der Kunst,
    der Größte im Geist, der Größte in der Rede.
    Er kam aus der Leucorea (Universität Wittenberg), (? hunc?) Leucorea hat diesen hervorgebracht
    die als erste das Papsttum zugrunde gerichtet hat (??)…. in welcher zu erst die zugrunde gerichteten Dogmen des "Vaters" Luther in einem Schreibrohr/Schriftenrolle getaucht liegen.
    Das Vaterland hat diesen gelehrt, und durch die Führung des Melanohthon? hat er die Künste
    sich durch/mit den Sitten/Gebräuchen bildet mit Frömmigkeit (weiter)gegeben.
    Dieser "reine" Pastor hat mit dem heilbringenden Wort in Pegau und Zeitz (?schalcoviae? den Schafstall Gottes regiert/gelenkt.
    Wieder in die Heimat zurück wollend erarbeitet er sich die Doktorwürde mit der Lehre über den sachsischen Hof (Aulae saxonicae?) und trug sie danach/später.
    So hat er als alter Mann mit höchstem Lob in Coburg? (mortis?) und ist von danach durch die Schwere einer Krankheit gedrückt gestorben.


    Ich werde versuchen, die ??? zu klären

    Gruß
    Michael
    Gruß
    Michael

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    • Jettchen
      Erfahrener Benutzer
      • 16.10.2011
      • 1361

      #3
      Vielen Dank, Michael, dass du dich trotz der Weihnachtstage über diesen Text gemacht hast!
      Der Inhalt ist doch recht eigenartig. Insbesondere wundert mich, dass die recht unbedeutenden und kurzen Dienstzeiten als Pfarrer in Pegau, Zeitz und Schalkau so ausführlich erwähnt werden, während die in Coburg wesentlich längere und bedeutendere Zeit als Hofprediger und Superintendent so fast gar nicht erwähnt wird. Ob da nicht irgendetwas fehlt? Vielleicht ist im Original ein Blatt verloren gegangen?
      Nun kann ich doch etwas genauer die Übersetzung niederschreiben. Wer weiß, wer von den Nachkommen sonst solche Texte noch verstehen könnte?
      Ein gutes Neues Jahr wünscht dir
      Jettchen

      Kommentar

      • Peregrinus
        Neuer Benutzer
        • 26.02.2015
        • 3

        #4
        Hallo Jettchen,
        hast du ein Foto von dem Epitaph - evtl. mit einer Darstellung von Maximilian Mörlein.
        Ich hätte großes Interesse daran - stelle die Geistlichen von Pegau gerade zusammen.

        Herzlich
        T. Reiprich

        Kommentar

        • Kögler Konrad
          Erfahrener Benutzer
          • 19.06.2009
          • 4848

          #5
          Fangen wir noch einmal an.

          Lauter Disticha: je 1 Hexameter + 1 Pentameter

          Hac requiescit humo Moerlius maximus arte,
          maximus ingenio, maximus eloquio.

          In dieser Erde ruht M, er größte in der Kunst,
          der größte durch seinen Geist, der größte durch seine Beredsamkeit.

          Stilistik: Hyperbaton: hac... humo; Alliteration: Mae.. max..
          Trikolon (dreigliedrig) mit Anapher (maximus, maximus...) und parallel
          ingenio .. eloquio - Homoioteleuton (Reim)

          Leuoris hunc genuit - vgl. Vergil: Mantua me genuit...

          ..... primum qua perdita Papae
          Lutheri calamo dogmata mersa iacent


          wo -- mersa iacent - versunken liegen
          wer: Papae dogmata: die Lehren des Papstes
          perdita - zerstört
          wodurch: Lutheri calamo - durch den Halm = Schreibgriffel Luthers

          Stil: primum .. perdita Papae
          Papae/Lutheri Eigennamen an entscheidenden Versstellen gegenüber..

          Ein andermal geht es weiter

          Gruß KK

          Kommentar

          • Kögler Konrad
            Erfahrener Benutzer
            • 19.06.2009
            • 4848

            #6
            Näxter Vers:

            Patria quem docuit, ductuque Melanchtonis artes
            moribus informans cum pietate dedit.

            Verdienste der Vaterstadt für seine Bildung

            Die Vaterstadt hat ihn gelehrt und ... ihm gegeben (docuit -- dedit)

            ductu Melanchtonis - unter Führung, Anleitung Melanchtons

            die artes - gemeint sind die für ihn einschlägigen freien Künste (Grammatik, Dialektik Rhetorik)

            informans - indem sie ihn bildete/formte
            wodurch, worin: moribus - in den moralischen/sittlichen Grundsätzen, Charakter (Moral)
            cum pietate - verbunden mit Frömmigkeit
            3 Glieder in einem Satz: er war wissenschaftlich gebildet (artes)
            sittlich geformt (moribus)
            und dazu noch fromm (was seine Laufbahn als Priester beeinflusste)

            All dies verdankt er seiner Heimatstadt, wobei Melanchton maßgebenden Einfluss ausübte.

            Gruß KK

            Kommentar

            • Kögler Konrad
              Erfahrener Benutzer
              • 19.06.2009
              • 4848

              #7
              Näxter Vers:

              Hic purus pastor Pegae Zizaeque salubri
              verbo Schalcoviae rexit ovile Dei.

              Tätigkeit als Pfarrer
              purus - sittenrein, rechtschaffen
              dieser rechtschaffen Hirte leitete (an sich den Schafstall) die Herde Gottes
              salubri verbo - mit seinem heilbringenden Wort
              jetzt 3 Ortsnamen, die aber nicht sauber verbunden sind;
              die ersten beiden durch "que" = und, der letzte steht steht allein
              die ae-Endungen können einen Genitiv oder Lokativ bedeuten.
              Gemeint ist: er leitete die Herde von... oder in ...
              aus metrischen Gründen hat wohl der Verfasser in bisschen geschummelt.

              Insgesamt das Bild des guten Hirten: unterstrichen: purus pastor Pegae (ppP)
              Spannung bis zum Schluss: ovile Dei (und damit Abrundung des Bildes).

              Gruß KK

              Kommentar

              • Kögler Konrad
                Erfahrener Benutzer
                • 19.06.2009
                • 4848

                #8
                Weiter geht's

                Post patriam repetens gestat doctoris honorem
                aulae Saxoniae dogmata postque tulit.


                Danach sucht er wieder seine Heimatstadt auf und erwirbt die Doktorwürde
                (gestare - tragen, nachklass. sich herbeischaffen erwerben)
                und wieder danach brachte er dem sächsischen Hof die Glaubenslehre.

                Inde senex docuit summa cum laude Coburgi
                mortis et hinc morbi pondere pressus obiit

                Hierauf lehrte er im betagten Alter auf höchst lobenswerte Weise in Coburg
                und starb von der Last der Krankheit und dann des Todes bedrückt.

                Interessant: der Dichter bringt zuerst den Tod und dann die Krankheit, und
                zwar aus metrischen Gründen
                Tatsächlich ist gemeint: bedrückt vom Gewicht der Krankheit und des sich daraus ergebenden (hinc) mortis

                Gruß KK

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                • Jettchen
                  Erfahrener Benutzer
                  • 16.10.2011
                  • 1361

                  #9
                  Hallo,
                  aus familiären Gründen kam ich erst nach längerer Zeit wieder an den PC!
                  Ganz, ganz vielen Dank Konrad!!!! Dass du so viel Zeit für mich aufgewendet hast, obwohl ich mich dazwischen gar nicht gemeldet hatte, ist bewundernswert. Ich muss das Alles erst noch in Ruhe durchlesen, wollte mich aber gleich bedanken, weil ich immer noch nicht viel Zeit habe.

                  für dich Peregrinus:
                  leider habe ich kein Bild von Max. Mörlin, das Epithaph schicke ich dir in ein paar Tagen, wenn ich hoffentlich mehr Ruhe habe!

                  Viele Grüße
                  Jettchen

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                  • Jettchen
                    Erfahrener Benutzer
                    • 16.10.2011
                    • 1361

                    #10
                    Hallo Peregrinus,

                    ich hab mich grad erst wieder etwas eingedacht in die Ahnenreihe. Da erst habe ich gemerkt, dass ich ja kein Foto des Epitaphs habe, sondern der Text nur in Büchern aufgeschrieben ist. Leider kann ich dir nicht weiterhelfen.

                    Weißt du etwas mehr über Maximilian Mörlin in Pegau?
                    War er dort schon verheiratet? Wenn ja, weiß man, mit wem? (Bei seinen Ehen gibt es nämlich ein paar Unstimmigkeiten. In der meisten Literatur werden fehlerhafte Informationen weitergegeben!)
                    In einem Brief seines Vaters an den Bruder Joachim habe ich gelesen,
                    dass sich Max. im Jahr 1540 in einer „Notlage“ befunden haben. Bist du bei Recherchen auf etwas in dieser Zeit gestoßen?


                    Viele Grüße
                    von Jettchen

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                    • Jettchen
                      Erfahrener Benutzer
                      • 16.10.2011
                      • 1361

                      #11
                      Hallo Konrad,
                      eben fand ich Zeit, mir deine Übersetzung genauer anzusehen. Ich bin total beeindruckt, weil du so viele Erklärungen dazu geschrieben hast. Das hat dir ja ganz viel Mühe bereitet! Für mich ist es aber sehr interessant, kann ich doch dadurch einiges aus meiner fernen Schulzeit reaktivieren! So ganz umsonst war die Plage mit Latein doch nicht.
                      Ich werde alle deine Erläuterungen in meine Chronik übernehmen. Zumindest unsere Kinder haben auch noch die alten Sprachen gelernt.
                      Ich bin einfach total beeindruckt, wie viel Zeit du dir für mich genommen hast!!!
                      Ganz vielen Dank!
                      Einen guten Sonntag wünscht dir
                      Jettchen

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                      • Peregrinus
                        Neuer Benutzer
                        • 26.02.2015
                        • 3

                        #12
                        Hallo Jettchen,
                        leider habe ich bisher keine näheren Infos zu M.s Zeit in Pegau - noch nicht mal die genauen Eckdaten seiner Wirksamkeit (s.u.).

                        Er hat hier als Archidiakon gearbeitet (Neben Pfarrer[=Superintendent] und Diakon also der zweite Pfarrer am Ort).

                        1539 wurde in unserem Teil Sachsens die Reformation eingeführt.
                        Evtl. ist ab dieser Zeit seine Wirksamkeit anzusetzen.
                        1544 ist für seinen Nachfolger angegeben.

                        Unsere Kirchenbücher beginnen leider erst 10 Jahre danach ...

                        Ich frage aber mal unseren Ortschronisten. Evtl. weiß der mehr.
                        Das kann aber etwas dauern.

                        T. Reiprich

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                        • Jettchen
                          Erfahrener Benutzer
                          • 16.10.2011
                          • 1361

                          #13
                          Hallo Peregrinus,
                          Mörlins Dienstbeginn im Jahr 1539 in Pegau stimmt. Direkt nach dem Studium übernahm er hier eine Predigerstelle. Wer war zu dieser Zeit sein vorgesetzter Superintendent?
                          Allerdings blieb er nicht so lange in diesem Ort. Bereits 1541 übernahm er die 3. Pfarrstelle in Zeitz. Entweder die Stelle in Pegau blieb bis 1544 vacant oder es fehlt in eurer Reihe ein Pfarrer.
                          Ich freu mich, wenn ich mehr Informationen zu Mörlin in Pegau erhalten kann.
                          Gruß
                          Jettchen

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                          • Interrogator
                            Erfahrener Benutzer
                            • 24.10.2014
                            • 1982

                            #14
                            Hallo,

                            schau mal hier: http://www.gruner-fam.de/Moerlin.html
                            Gruß
                            Michael

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                            • Peregrinus
                              Neuer Benutzer
                              • 26.02.2015
                              • 3

                              #15
                              Vielen Dank, da ist ja noch einiges an Infos zu holen.

                              Über die mir im Moment bekannten Geistlichen in Pegau habe ich hier eine Liste zusammengestellt, Jettchen: https://kirchspielpegau.files.wordpr...iste-pegau.pdf

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