Mein Urgroßonkel Paul Schlatermund und seine Ehefrau Bertha Altaresky

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  • DocLange
    Benutzer
    • 06.01.2021
    • 44

    #46
    Liebe Birgit,
    entschuldige, dass ich mich erst jetzt melde, ich bin im Urlaub. Deine "wenigen Funde" sind ganz sicher nicht marginal, sondern haben mich jetzt schon um einiges weitergebracht -- auch durch daran anschließende eigene Funde.

    Die Vermutung, dass der Name ursprünglich rumänisch Altresku lautete, ist im Familienkreis auch bereits aufgetaucht, wirklich verifizieren konnten wir das aber bislang noch nicht.

    Die Sache mit Berthas Diplomen der Londoner Royal Academy und des Royal College of Music: Ja, unter https://www.fletcheracade
    my.org/alumni/newsletter/1940-09_Fletcher_Newsletter.pdf.​ taucht ein Artikel über die frisch aus Alexandrien geflohenen Schlatermunds auf, darin wird behauptet: "Mrs. Schlatermund is a graduate of the Royal School of Music in London​ ..." und den kannte ich bereits vor meiner Frage hier -- nur dass es eine Royal School of Music in London eben nicht gibt. Mittlerweile hat mich das Royal College of Music noch auf einen anderen Gedanken gebracht: Zu jener Zeit haben nämlich das Royal College of Music und die Royal Academy of Music im Associated Board of the Royal Schools of Music zusammengearbeitet. Dort konnte man Prüfungen ablegen, ohne eine der beiden Institutionen besucht haben zu müssen, die Urkunden trugen die Namen beider Institutionen. Das würde dann sowohl erklären, warum sie behauptete, von beiden Institutionen geprüft worden zu sein, obwohl man nur die eine oder die andere Institution besuchte, und auch erklären, warum sie von der sonst nicht existenten Royal School of Music sprach -- da fehlt nur das s am Ende von Schools.

    Mit der Anzeige ist es über das Zürcher Stadtarchiv mittlerweile gelungen, die Hochzeit von Paul und Bertha auf den 31.8./2.9. 1914 festzulegen, 1915 tauchen sie dann erstmals in der Schweiz auf, in Luzern. Nach Mai 1915 wäre man in die Schweiz auch nicht mehr so recht hineingekommen (und auch nicht heraus), weil nach dem Kriegseintritt Italiens die Schweiz ringsum von kämpfenden Parteien umgeben war. Außerdem hatte das Paar nachweislich die Schweizer Staatsbürgerschaft. Dafür musste man bis 1917 mindestens zwei Jahre in der Schweiz gelebt haben, dann bis 1920 mindestens vier und danach mindestens sechs. 1923 zogen sie aber bereits mit schweizer Staatsbürgerschaft nach Alexandrien, das wäre zeitlich dann auch sehr eng geworden.

    Paul musste ja auch Ägypten fliehen, weil die Engländer ihn dort als feindlichen Ausländer internieren wollten. In England hätten sie sicherlich dasselbe gemacht. Also können sie 1914-18 nicht in England gewesen sein.

    Weiter haben wir mittlerweile herausgefunden, dass Bertha 1911 bei einer Volkszählung als Internatsschülerin in Wiltshire/England auftaucht, als Jüdin aus Palästina. Ihre "englische Erziehung" hat also wirklich stattgefunden, obwohl ich das bezweifelt hatte. Wer die Reise und den Aufenthalt bezahlt hat, ist allerdings immer noch unklar. Möglicherweise hat sie damit erst 1910 begonnen, dann schafft sie es mit Ach und Krach, das abzuschließen, bevor sie ihren Mann kennenlernt und 1914 heiratet.

    Das lässt vermuten, dass sie die Musikprüfung erst später abgelegt hat. Dann aber ziemlich sicher erst nach dem ersten Weltkrieg, möglicherweise erst nach 1923.

    Vor dem ersten Weltkrieg hatte kaum jemand einen Pass. Brauchte man auch kaum, da man die meisten Grenzen ohne passieren konnte. Sollte Bertha einen besessen haben, war der ganz sicher nicht britisch, sonst wäre sie 1911 in der Volkszählung nicht als jüdische Palästinenserin aufgetaucht.

    Im Moment ist es wirklich erstaunlich: Als ich meine Anfrage hier schrieb, hatte ich wirklich sehr wenig Hoffnungen, ich dachte, meine offenen Fragen über Paul und Bertha würden allesamt auf Dauer unbeantwortet bleiben. Mit den Antworten hier ging es aber über diesen toten Punkt hinaus und wir sind jetzt deutlich weiter als zuvor -- und dazu hast Du zu einem ganz erheblichen Teil beigetragen. Und ich bin mir derzeit nicht einmal sicher, dass nicht noch mehr kommt, einige Anfragen sind noch offen.

    Viele Grüße
    Thorsten

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    • BAHC
      Erfahrener Benutzer
      • 23.07.2007
      • 1229

      #47
      Hallo Thorsten,

      das freut mich sehr, dass Du/Ihr soviel weiter gekommen seid in der Forschung.

      Weiterhin einen schonen Urlaub und viele Grüße
      Birgit

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      • Rosalie?
        Benutzer
        • 13.05.2020
        • 64

        #48
        Das ist ja wirklich eine tolle internationale Lebensgeschichte und es ist erstaunlich, was alles gefunden werden kann !
        Bei "langweiligen" örtlich begrenzten Lebensläufen gibt es leider nicht so viele Quellen... .

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