Erbrecht des niederen Adel im 18. Jahrhundert

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  • Koblenzer14
    Erfahrener Benutzer
    • 06.11.2017
    • 206

    Erbrecht des niederen Adel im 18. Jahrhundert

    Hallo zusammen,

    ich habe gerade einige Akten in der Hand , mit immer ähnlicher Überschrift „ Von xyz Erben“ gegen „ von abc Erben“.

    Vom hohen Adel kenne ich meist das Prinzip der Primogenitur,beim niederen Adel scheint es öfters auch mal Erbengemeinschaften gegeben zu haben.

    Dass man bewegliches und unbewegliches Vermögen gut auf solche Gemeinschaften aufteilen konnte ,leuchtet mir noch ein.
    Aber wie hat man das mit (heute obsoleten ) Rechten, wie Adelstiteln,Freiheiten,Herrschaftrechten,Wappenfüh rung,etc. gemacht ?
    War dann jeder Person der Erbengemeinschaft Berechtigter ?

    Ist jemand von euch in dem Thema bewandert,bzw kann gute Literatur zu dem Thema empfehlen ?

    Besten Dank im
    voraus

    mit besten Grüßen

    Oliver

  • Hracholusky
    Moderator
    • 17.03.2016
    • 967

    #2
    Hallo Oliver,

    ich kann lediglich zum Adelstitel und zur Wappenführung etwas sagen. Wenn beides nicht als persönlich, also nur für eine Person verliehen wurde, oder nur in Primogenitur weitergegen darf, wird beides nicht vererbt sondern weitergegeben. Das heißt das jeder ehelich Nachkomme berechtigt ist den Adelstitel und das Wappen zu führen. Da weibliche Nachkommen nach salischem Recht bei der Heirat den Namen des Mannes annehmen mussten, konnten sie selbst das Wappen noch führen aber nicht an ihre Nachkommen weitergeben.
    Mit besten Grüssen
    Gerd

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    • Sbriglione
      Erfahrener Benutzer
      • 16.10.2004
      • 1296

      #3
      Hallo Oliver,

      grundsätzlich scheint so einiges möglich gewesen zu sein und ich vermute, dass es beim ritterbürtigen Adel, wie auch anderswo regionale Unterschiede gegeben haben könnte.

      Bei Allodialbesitz (also "lehnsfreiem" Privatbesitz der Familie) war es, wenn nicht ein vorheriger Besitzer anderes bestimmt hat, nicht unüblich, dass Männer und Frauen gleichberechtigt und zu gleichen Teilen geerbt haben.

      Bei Lehnsgütern - ein anderer Fall - war das "Mannlehen zur gesamten Hand" spätestens seit dem 15. Jahrhundert am weitesten verbreitet
      Hier konnten - schon vor dem Hintergrund dessen, dass als Leistung des Lehnsnehmers im Allgemeinen auch die Bereitschaft zu Kriegsdiensten gefordert war - ausschließlich Männer erben. "Zur gesamten Hand" bedeutete in aller Regel, dass das jeweils älteste männliche Mitglied sämtlicher "eheleiblichen" Nachfahren des ersten Lehnsnehmers aus dieser Familie das gesamte Lehen übernahm, aber üblicherweise auch verpflichtet war, daraus die Versorgung der gesamten Familie sicher zu stellen, Starb er, war der nächstälteste Mann an der Reihe. In der Regel war es auch so, dass, wenn die männlichen Nachkommen des ersten Lehensnehmers aus einer Familie ausgestorben waren, als nächstes dessen ältester Bruder mit seinen männlichen Nachkommen an der Reihe war (das kenne ich beispielsweise von meiner Vorfahrenfamilie (v.) Zenge).
      Manchmal konnten aber auch "Mannlehen" als Ausnahmefall auf Lebenszeit an die Ehefrau des jeweiligen Lehnsnehmers gehen (das konnte man vertraglich regeln), ehe sie an die männlichen Mitglieder seiner Familie zurück fielen.

      Was die Wappenführung betrifft, konnte es bei einer vertraglichen Erbteilung auf Dauer anscheinend auch schon mal Veränderungen des jeweiligen Familienwappens kommen: in meiner eigenen Vorfahrenschaft war das beispielsweise bei der Aufspaltung der Thüringer "Vitzthum" in die Linien "Apolda" (das war die ältere Linie, die das ursprüngliche Familienwappen behielt) und "Eckstedt" zu unterschiedlichen Familienwappen.
      Gleiches geschah bei der Familie v. Berlepsch, bei der die jüngere Linie ein Wappen annahm, auf dem Sittiche abgebildet waren, während die ältere Linie beim Ursprungswappen blieb. Als die ältere Linie der Berlepsch ausstarb, übernahm die jüngere Linie deren Besitztümer und nutzte danach zumeist ein Wappen, auf dem sowohl die Sittiche, als auch das alte Wappenmotiv zu sehen waren.
      Suche und biete Vorfahren in folgenden Regionen:
      - rund um den Harz
      - im Thüringer Wald
      - im südlichen Sachsen-Anhalt
      - in Ostwestfalen
      - in der Main-Spessart-Region
      - im Württembergischen Amt Balingen
      - auf Sizilien
      - Vorfahren der Familie (v.) Zenge aus Thüringen (u.a. in Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und NRW)
      - Vorfahren der Familie v. Sandow aus dem Ruppinischen

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      • Koblenzer14
        Erfahrener Benutzer
        • 06.11.2017
        • 206

        #4
        Guten Abend Gerd,
        Guten Abend Sbriglione,

        erst einmal ganz herzlichen Dank für Eure schnelle und fundierten Rückmeldungen!
        Da ist schon einmal viel Licht ins Dunkle gebracht worden !

        Aus den Akten geht leider nicht hervor, in welchem Verhältnis die Erben zu den Erblassern stehen.
        Zwei Erbengemeinschaften konnte ich allerdings aufschlüsseln.
        In beiden Fällen war das Adelsgeschlecht ausgestorben und die Erben waren die Töchter (und deren Ehemänner)des letzten Namensträger.

        Wie Ihr auch schon sagtet, gibt es keinen Hinweis auf eine Übernahme des Wappens.Aber danke für den Hinweis auf die Familie Vitzthum, die ja ein Beweis dafür ist, dass es schon mal Ausnahmen von der Regel gab !


        In beiden Fällen wurden zudem
        nur Allodien nach Bruchteile vererbt.
        Wir befinden uns hier in historischen Realteilungsgebieten und der Adel wurde da scheinbar nicht anders ,als die Bauern behandelt


        Gerade den Ausführung von Lehen und Allod folgend, hieße das ,dass man bei Herrschafsrechten z.B sehen müsste ,welchen Ursprung sie haben ,oder ?
        Sind sie allodial können sie vererbt werden, Lehen muss unabhängig davon neu vergeben werden ,sollte der Mannesstamm komplett aussterben,korrekt ?

        Bliebe noch die Frage nach den Titeln.
        Beerbt eine untitulierte Familie „von a“ die „Freiherren von b“, werden die a ja sicher keine Freiherren, da sie Standeserhebung vom König,Kaiser,etc. erfolgen muss.
        Aber werden die „von a“ nicht zumindest zu „von a und b“ ?
        oder gehen auch diese Besitzanzeichen völlig verloren ?

        Nochmals danke und einen schönen Abend !

        Oliver




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        • gki
          Erfahrener Benutzer
          • 18.01.2012
          • 4913

          #5
          Hallo Oliver,

          ich glaube, Du suchst hier nach Regeln und Automatismen, die es so nicht gab.

          Letzendlich mußten sich ja die Parteien irgendwie einigen. Bzw. sie taten es nicht und wir können uns an den Gerichtsakten erfreuen.

          Welche Art von Herrschaftsrechten meinst Du überhaupt? Es gab ja verschiedene. Oft waren sie an Grundbesitz gekoppelt und wurden damit vererbt.

          Wenn es nur einen Erbtochter gab, kam es öfter vor, daß es zu einer Wappenverschmelzung und vielleicht auch Namenszusatz kam. In Deinem Fall hätten dann zwei Familien denselben Zusatz geführt. Kam wohl eher nicht vor.

          Gruß
          gki

          Kommentar

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