PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Fries und Holzmann in Zürich, Kanton Zürich


gustl
02.04.2013, 00:00
Die Suche betrifft das Jahr oder den Zeitraum: nach 1850
Genauere Orts-/Gebietseingrenzung: Zürich, Kanton Zürich
Fernabfrage vor der Beitragserstellung genutzt [ja/nein]: nein
Zur Antwortfindung bereits genutzte Anlaufstellen (Ämter, Archive, Datenbanken): diverse online-Datenbanken

Liebe Auskenner,

ein Ururgroßonkel, Adolf Holzmann, ist nach 1850 nach Zürich umgesiedelt. Er betrieb dort mit Philipp Joseph Fries die Musikalienhandlung "Fries & Holzmann", die Fries 1846 übernommen hatte.

Ich weiß leider nicht genau, wann Adolf Holzmann nach Zürich kam. Die ersten Briefe aus der Stadt stammen von 1867, da ist er aber bereits verheiratet und hat mehrere Kinder. Gibt es irgendein Register, dass Auskunft über seine Übersiedlung geben könnte? Die Briefe davor, der letzte von 1851, stammen aus Leipzig. Ich weiß nicht, was Adolf in der Zwischenzeit, also zwischen 1851 und ca. 1865 gemacht hat.

Daher kann ich auch nicht sagen, ob als letzter Wohnort Leipzig oder ein anderer angegeben sein kann. Der Geburtsort ist Cöthen in Anhalt.

Kann mir jemand helfen? Mit vielem Dank im Voraus und

besten Grüßen
Cornelia

Garfield
02.04.2013, 22:48
Hallo

Schwierige Sache.

Es gab offenbar Auswanderungsregister oder sowas in der Schweiz, aber nicht immer und nicht überall.

Vielleicht hat er sich einbürgern lassen? Dann könntest du vielleicht in der entsprechenden Gemeinde noch etwas finden.
Laut Familiennamenbuch der Schweiz (http://www.hls-dhs-dss.ch/famn/index.php) sind im Kanton Zürich an folgenden Orten Holzmann eingebürgert: Turbenthal, eingebürgert 1897, aus Deutschland stammend. Zürich, eingebürgert 1883, aus Zumikon (Kanton Zürich) stammend. Zürich, eingebürgert 1924, aus Deutschland stammend.

Adressbücher müsste es aus der Zeit geben, zumindest gibt es welche in Bern. Dazu am besten beim Stadtarchiv anfragen oder im Online-Katalog der Zentralbibliothek Zürich. Der Online-Katalog ist aber wegen Migration erst ab 15. April wieder zugänglich.

Ich habe noch etwas im Internet gesucht; ich nehme an, den Nachlass von Fries (http://www.zb.uzh.ch/spezialsammlungen/musikabteilung/nachlaesse/einzelne-nachlaesse/003551/index.html.de) hattest du schon gefunden?
Dann fiele mir noch ein, dass es im Schweizerischen Wirtschaftsarchiv (http://www.ub.unibas.ch/bibliotheksnetz/verbund-basel/bibliotheken-im-verbund/liste-der-bibliotheken/a125/) allenfalls Unterlagen zur Musikalienhandlung geben könnte.

Viel Glück!

gustl
02.04.2013, 23:14
Hallo Garfield,

erstmal vielen Dank für Deine Mühe. Die Daten aus dem Familiennamenbuch passen alle nicht. Den Nachlass von Fries hatte ich in der Tat auch schon gefunden. Nach Adressbüchern hatte ich online noch nicht gesucht, weil ich in einem anderen Fall (Basel) jeweils nur die neuesten Ausgaben online gefunden habe. Das kann ich ja noch tun. Nach so etwas wie dem Schweizerischen Wirtschaftsarchiv hatte ich gesucht, vielen Dank, dass Du da für mich fündig geworden bist. Es wäre ja interessant zu wissen, wie Adolf überhaupt nach Zürich gekommen ist. Offensichtliche Familienverbindungen gab es nicht. Aber es gab ja in den spezifischen Periodika auch Anzeigen so nach dem Motto "Teilhaber gesucht für...". Das kann natürlich sein.

Die Frage der Einbürgerung ist mir nicht so wichtig, irgendwann wird das passiert sein, denn die Familie blieb in der Schweiz. Nachkommen leben noch heute, nur kenne ich sie leider nicht mehr. Na ja, ich werde es mal mit den beiden Archiven (Stadt- und Wirtschaftsarchiv) versuchen.

Vielen Dank nochmals und
beste Grüße
Cornelia

Garfield
03.04.2013, 23:03
Hallo

Betreffend Einbürgerung meinte ich deshalb, weil du dadurch vielleicht noch mehr erfahren könntest. Vielleicht erfährst du dadurch, ab wann er in der Schweiz lebte oder mehr zu seiner Familie.
Die Daten im Familiennamenbuch klingen nicht so, als wenn sie auf ihn selbst zutreffen könnten, aber vielleicht auf seine Kinder?
Die Einbürgerung ist deshalb wichtig, weil die Heimatorte in der Schweiz anders funktionieren als in Deutschland. Urkunden beim Standesamt muss man zwar auch am Ort des Geschehens anfordern, aber die Gemeinden führen ebenfalls Buch über ihre Heimatberechtigten. Sobald du also weisst, in welchem Ort seine Nachkommen eingebürgert wurden, wirst du da alle noch möglichen Informationen finden. Es wird wegen Datenschutz und Bürokratie nur etwas schwierig, aber in der Theorie...
Bei meiner Urgrossmutter war da irgend ein Brief von der Wohngemeinde dabei betreffend Anmeldung, als sie von Deutschland zurück in die Schweiz ging. Damit kann ich das Jahr, in dem sie in die Schweiz zog, relativ gut eingrenzen. Das war zwar ein Zufallstreffer, ich habe nur wenig solche Beilagen gesehen, aber möglich wäre es ja.

Ob du Adressbücher von Zürich auch online findest, weiss ich nicht. Aber im Online-Katalog würdest du zumindest sehen, ob es gedruckte Bände aus der Zeit gibt. Die könntest du allenfalls per Fernleihe bestellen oder nach Kopien fragen.
Gedruckte Bände von Bern gibt es aus der Zeit meines Wissens, daher gehe ich davon aus, dass es von Zürich auch noch welche gibt.

Viel Glück in den Archiven!

gustl
04.04.2013, 01:17
Hallo Garfield,

vielen Dank für diese Erklärungen. Ich habe inzwischen in einem anderen Packen Briefe, die ich heute nachmittag wegen ganz anderer Dinge durchlesen wollte, entdeckt, dass Adolf schon 1854 in der Schweiz gearbeitet hat und bereits am Anfang des Jahres eine "Gehaltsverbesserung von 200 fr" bekommen hat, recht üppig, wie ich finde. Damit ist die Lücke zwischen Leipzig (1851) und Zürich (1867), die sich aus den Briefen ergab, so ziemlich geschlossen.

Deine Erklärungen über das Funktionieren des Archivierens der Schweizer Bürger sind hochinteressant. Irgendwann werde ich mich über diese spannende Familie sicher hermachen wollen, von einem Enkel von Adolf, der ebenfalls Adolf hieß, kenne ich bereits einen Heimatort.

In einem Züricher Adressbuch von 1861, dass ich online gefunden habe, tauchen weder Adolf noch Philipp Joseph Fries auf, was ich sehr merkwürdig finde. Das Geschäft war mitten in Zürich, am Limatquai glaube ich, zumindest zeitweise war es dort. Wo Adolf tatsächlich wohnte, kann ich nicht sagen. Ich weiß nur, dass er 1880/81 nach Hottingen gezogen ist, dass damals wohl noch nicht zu Zürich gehörte.

Ich danke Dir jedenfalls sehr herzlich für Deine Informationen und sende Dir
beste Grüße
Cornelia

Garfield
04.04.2013, 12:01
Hallo Cornelia

Irgendwann werde ich mich über diese spannende Familie sicher hermachen wollen, von einem Enkel von Adolf, der ebenfalls Adolf hieß, kenne ich bereits einen Heimatort.
Dann hast du die nötige Information zum Heimatort ja schon! :).
Heimatorte werden immer "weitervererbt", auch wenn man seit Generationen nicht mehr dort gewohnt hat. Frauen erhalten normalerweise bei der Heirat den Heimatort des Ehemannes und verlieren den bisherigen Heimatort. Anders ist es bei Ausländern, ein Mann der sich einbürgern lässt und eine Schweizerin heiratet oder schon geheiratet hat, erhält den Heimatort der Frau. Anders rum funktioniert es allerdings auch, dass die Frau aus dem Ausland den Heimatort des schweizer Ehemannes erhält. Sind hingegen Mann und Frau sowie allfällige Kinder aus dem Ausland und lassen sich in der Schweiz einbürgern, erhalten sie den Wohnort als Heimatort.

Du müsstest also auf jeden Fall beim Heimatort seines Enkels fündig werden!


Betreffend Adressbuch: wenigstens die Musikalienhandlung sollte dort eigentlich drin verzeichnet sein. Wenn er aber leicht ausserhalb von Zürich wohnte bzw in einem Gebiet, das damals noch auf dem Land war und heute zur Stadt gehört, dann würdest du ihn im Adressbuch nicht finden. Leider kenne ich mich mit Zürich zuwenig aus, letztens gab es hier aber eine Frage zur zuständigen Kirchgemeinde bei einem Ort, der damals noch ausserhalb von Zürich lag.
Leider gibt es in der Schweiz keine Meldekarten, obwohl hier der neue Wohnort beim alten gemeldet werden muss. Dann hilft leider der spätere Wohnort Hottingen nicht viel weiter :(.

gustl
05.04.2013, 01:03
Hallo Garfield,

vielen Dank für die Aufklärung über "vererbbare Heimatorte", das könnte man sich ja so nie zusammenreimen.

Ob ich bei den Kirchengemeinden jemals fündig werde, weiß ich nicht. Als Köthener war Adolf von Hause aus bereits reformiert. Die Berliner nannten diese Art, der auch ihr Herrscherhaus angehörte, sie aber nicht - sie waren lutherisch -, Kryptocalvinismus. Die Köthener Reformierten hätten sich aber eher als "Philippisten" bezeichnet, nach Philipp Melanchthon. Sie hatten weder mit den Calvinisten noch mit den Zwingliisten viel am Hut, seit die sich zu Reformationszeiten in Zerbst auf der Straße geprügelt haben sollen (in Zerbst stand damals ein Elite-Uni für Protestanten, das heutige Francisceum). Zwingliisten waren aber die, die in Zürich die Kirchen gebaut haben. Ich fürchte, das ist spiegelglatt, dieses Eis. Ich denke aber, er ging dahin, wohin auch seine Frau ging.

Jedenfalls vielen Dank für Deine wirklich tollen Informationen. Zum Dank noch eine kleine Anekdote. Wie Du ja auch gelesen hast, waren Fries und Richard Wagner gut bekannt.Wagner dürfte für Adolf auch kein Unbekannter gewesen sein, denn 1848 verbrachte Wagner einige Zeit in Cöthen. Ich weiß nicht, ob er Bakunin, den er ja sehr verehrt hat, dort kennengelernt hat oder seinetwegen nach Cöthen kam. Die beiden dürften jedenfalls ein seltsames Gespann auf den Straßen und im Keller abgegeben haben: der hünenhafte auffällige Anarchist und der dagegen auffallend kleine Wagner in einer durchaus musikliebenden Stadt. Das wird den Pennälern, und dazu zählte Adolf damals noch, durchaus bemerkenswert erschienen sein.

Nochmals vielen Dank und
beste Grüße
Cornelia