Haftstrafe für Körperverletzung

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  • MarthaLU
    Erfahrener Benutzer
    • 13.02.2013
    • 509

    Haftstrafe für Körperverletzung

    Ich habe herausgefunden, dass ein Vorfahr im Jahr 1875 zu zwei Monaten Gefängnis wegen Körperverletzung an seiner Ehefrau verurteilt wurde. Nun ja, etwas unerfreulich, dieser Verwandte ...
    Aber ich staune auch so etwas, dass das überhaupt passiert ist. Noch heute zeigt manche Frau ihren Mann nicht an, wenn der sie misshandelt. Das muss eine mutige junge Frau gewesen sein damals. Hat jemand Erfahrung mit dem Strafrecht damals? Waren zwei Monate Gefängnis eine sehr hohe Strafe bei Körperverletzung und heisst das, er muss sie sehr schwer misshandelt haben?
    Ich habe nur so viel heraus gefunden, dass das Strafgesetzbuch 1875 schon reichseinheltlich galt. Die Tat geschah in Bayern, aber der Ort müsste also egal gewesen sein.

    LG Martha
  • jacq
    Super-Moderator

    • 15.01.2012
    • 9719

    #2
    Moin,



    Gruß,
    jacq
    Viele Grüße,
    jacq

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    • Asphaltblume
      Erfahrener Benutzer
      • 04.09.2012
      • 1500

      #3
      Er muss sie wohl ziemlich schwer verletzt haben, schließlich hatte der Ehemann damals ein Züchtigungsrecht an seiner Ehefrau.
      Gruß Asphaltblume

      Kommentar

      • Mark Obrembalski
        Erfahrener Benutzer
        • 05.12.2011
        • 140

        #4
        Das Strafgesetzbuch von damals gibt es als Teil des Reichsgesetzblatts online. Die Fassung von 1871 findet sich unter



        mit den Bestimmungen über Körperverletzung (§§ 223 ff - wie auch heute noch) ab



        Geändert wurde an den Bestimmungen m.W. erst 1876 etwas. Die einfache Körperverletzung war also mit Gefängnis bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bis zu dreihundert Thalern bedroht. Zwei Monate waren also noch keine besonders hohe Strafe, aber nach einer ausgesprochenen Bagatelle sieht es auch nicht aus. Natürlich wurden und werden Strafen am oberen Ende des Strafrahmens nur selten verhängt - das obere Ende soll ja für den denkbar schwersten Fall gelten.

        Was die Anzeige angeht, habe ich mir ja erst überlegt, dass die Frau ihn vielleicht gar nicht anzeigen musste, wenn er sie in der Öffentlichkeit angegriffen haben sollte. Aber nach § 232 wurden einfache Körperverletzungen nur auf Antrag verfolgt - außer, wenn sie "mit Übertretung einer Amts-, Berufs- oder Gewerbspflicht begangen" war. Kommt das vielleicht in Frage?

        Kommentar

        • MarthaLU
          Erfahrener Benutzer
          • 13.02.2013
          • 509

          #5
          Danke für eure interessanten Antworten !
          So spielt es doch eine kleine Rolle,dass die Verurteilung in Bayern stattfand, wo damals der Ehemann noch das.Züchtigungsrecht hatte. Davon wusste ich nicht. Aber das macht die Sache für den Mann nicht gerade besser , denke ich. Das Urteil lautete übrigens auf vorsätzliche Körperverletzung, das ist wohl eine schlimmere Art der Körperverletzung ?


          Die junge Frau war zum Zeitpunkt des Urteils 27 Jahre , und sie hatte zwei kleine Kinder, einen zweieinhalbjährigen Sohn und eine knapp ein Jahr alte Tochter ( das war meine Großmutter ) .Egal wie lang damals so ein Verfahren dauerte, und ob die Tat vor oder nach der Geburt meiner Großmutter stattfand ,sie musste auch ihre Kinder schützen. Es scheint mir völlig undenkbar, dass sie selber ,allein mit zwei Kleinkindern, sich gegen diesen Mann hätte wehren können. Übertretung einer Amtspflicht scheidet auch aus,denn er war freiberuflicher Schriftsteller.

          Ich weiss noch nichts über ihr Elternhaus, warte aber derzeit auf Unterlagen, die mir schon angekündigt wurden. In Frage kommen bei ihrem Namen und Wohnort nur drei Familien. Eine davon weist viele hochrangige Juristen und Beamte auf. Meine Vermutung ist im Moment, dass sie aus dieser Famile stammte, und dass der wahrscheinliche Vater, ein Oberamtsrichter, das Verfahren durchgezogen hat. Ist aber noch spekulativ.

          Für mich ist das eine eine sehr erstaunliche Geschichte, und ich schwanke zwischen Entsetzen und Respekt für die mutige junge Frau.

          Kommentar

          • Mark Obrembalski
            Erfahrener Benutzer
            • 05.12.2011
            • 140

            #6
            Zitat von MarthaLU Beitrag anzeigen
            Das Urteil lautete übrigens auf vorsätzliche Körperverletzung, das ist wohl eine schlimmere Art der Körperverletzung?
            "Vorsätzliche Körperverletzung" bedeutet erst mal nur (ungefähr), dass er tatsächlich eine Körperverletzung begehen wollte. Das Gegenstück wäre fahrlässige Körperverletzung, wo man nur durch Unachtsamkeit jemanden verletzt, was ebenfalls strafbar war und ist. Der § 223 StGB, den ich oben erwähnt habe, betrifft nur die vorsätzliche Körperverletzung.

            Zitat von MarthaLU Beitrag anzeigen
            Übertretung einer Amtspflicht scheidet auch aus,denn er war freiberuflicher Schriftsteller.
            Ja, für Schriftsteller gibt es sicher keine passenden Berufspflichten. Demnach muss sie also wohl einen Strafantrag gestellt haben.

            Weißt Du eigentlich etwas zur weiteren Verlauf der Ehe? Vor dem Hintergrund wäre ja eine spätere Trennung oder Scheidung nicht verwunderlich.

            Kommentar

            • MarthaLU
              Erfahrener Benutzer
              • 13.02.2013
              • 509

              #7
              Ja, die Ehe wurde geschieden , allerdings erst 1881, das steht handschriftlich vermerkt drunter, und weiter, dass die alleinige Schuld ihm zugesprochen wurde. Es spricht aber vieles dafür, dass sie ihn schon 1875 verlassen hat, sie lebte später wieder in ihrem Heimatort. Er ist wohl sogar ins Ausland geflohen, statt die Haft anzutreten. Die Meldebehörde vemisste ihn jedenfalls kurz nach dem Urteilsspruch ( " ist fort ? " ) , und ein halbes Jahr später gibt es Dokumente von ihm aus der Schweiz.

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              • Asphaltblume
                Erfahrener Benutzer
                • 04.09.2012
                • 1500

                #8
                Eben wegen des Züchtigungsrechts und weil einer geschlagenen Ehefrau gern unterstellt wurde, selbst dran schuld zu sein, wenn ihr Mann "böse wird", denke ich, dass er schon massiv gewalttätig gewesen sein muss und ihr mehr als "nur" Prellungen und Platzwunden zugefügt haben dürfte, und sehr wahrscheinlich auch wiederholt.
                Dafür spricht auch die vorsätzliche Körperverletzung - die heißt ja nicht, dass er ihr "rechtmäßig" eine Ohrfeige gegeben hat, und da ist sie gestürzt und hat sich den Arm gebrochen, sondern dass er sie absichtlich so zugerichtet hat.
                Für den Mann spricht das allerdings alles nicht.
                Nur für die Frau und für ihren Vater, wenn er denn der Jurist in der Familie war.

                Und auch die nettesten Menschen haben oft den einen oder anderen Widerling in ihrem Stammbaum. Es sind ja nicht nur die Gene, sondern auch die Lebensumstände, die den Charakter formen.
                Gruß Asphaltblume

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