Begriff "Kolonist" / Zusammenleben von Deutschen und Polen

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  • Mark Obrembalski
    Erfahrener Benutzer
    • 05.12.2011
    • 140

    Begriff "Kolonist" / Zusammenleben von Deutschen und Polen

    Die Suche betrifft das Jahr oder den Zeitraum: um 1865
    Genauere Orts-/Gebietseingrenzung: Masowien


    Hallo!

    Einige meiner Vorfahren lebten in Masowien. Sie selbst waren keine deutschen Siedler, sondern Polen. Nun habe ich einen Geburtseintrag eines Urgroßonkels von dort gefunden, den ich dank eines freundlichen Mitforschers in der Übersetzungshilfe inzwischen komplett verstehe:

    Quelle bzw. Art des Textes: Kirchenbucheintrag, Geburt Jahr, aus dem der Text stammt: 1865 Ort/Gegend der Text-Herkunft: Czechowice, Masowien, Polen Namen um die es sich handeln sollte: Jozef Odolski, Eltern Marcin und Helena geb. Ostaszewska Liebe Mitforscher, den Eintrag Nr. 93 (es geht um die Geburt eines Urgroßonkels von


    Eines war mir aber auch schon direkt aufgefallen: Die Namen der Taufpaten und Zeugen sind zum großen Teil deutsche Namen, und die Zeugen werden beide als "Kolonist" bezeichnet. Dazu habe ich jetzt Fragen:

    1. Spricht die Bezeichnung als "Kolonist" dafür, dass es sich um deutsche Siedler handelt, die auch noch deutlich als solche erkennbar waren? Sprechen die deutschen Namen dafür?

    2. (soweit die Antwort zu 1. "ja" ist) Wie sah es in Masowien oder allgemein Kongresspolen mit dem Verhältnis der deutschen Siedler und der Polen aus? War es üblich, dass beiderseits "Integrationsbereitschaft" vorhanden war? Die auswärtigen/einheimischen Nachbarn mit bedeutender Rolle zu einer Taufe mitzunehmen bzw. eine entsprechende Einladung anzunehmen, wäre ja eine sehr gute Gelegenheit dazu (oder spräche dafür, dass die entscheidenden Schritte schon vorher passiert sind).

    Schöne Grüße,
    Mark
  • Florek
    Erfahrener Benutzer
    • 24.10.2013
    • 293

    #2
    Hallo Mark

    Zitat von Mark Obrembalski Beitrag anzeigen
    2. (soweit die Antwort zu 1. "ja" ist) Wie sah es in Masowien oder allgemein Kongresspolen mit dem Verhältnis der deutschen Siedler und der Polen aus? War es üblich, dass beiderseits "Integrationsbereitschaft" vorhanden war? Die auswärtigen/einheimischen Nachbarn mit bedeutender Rolle zu einer Taufe mitzunehmen bzw. eine entsprechende Einladung anzunehmen, wäre ja eine sehr gute Gelegenheit dazu (oder spräche dafür, dass die entscheidenden Schritte schon vorher passiert sind).
    Ich würde mal sagen, dass es in der Hinsicht wie immer ist: 's menschalet halt

    Soll heißen: das Zusammenleben von Polen und Deutschen in den mischbesiedelten Gebieten war immer geprägt von den üblichen menschlichen Begleiterscheinungen des Zusammenlebens: positives und negatives liegen oft parallel und nebeneinander. Letztlich kam sicher auch auf die Epoche und die aktuellen politischen Hintergründe an.

    Kommentar

    • holsteinforscher
      Erfahrener Benutzer
      • 05.04.2013
      • 2491

      #3
      Hallo aus Kiel,
      Spricht die Bezeichnung als "Kolonist" dafür, dass es sich um deutsche Siedler handelt, die auch noch deutlich als solche erkennbar waren? Sprechen die deutschen Namen dafür?
      Zu dieser Zeit wurde jeder noch als Kolonist bezeichnet, der eine Kolonistenstelle
      besaß, vergleichbar mit der Bezeichnung eines Hufners oder Staveners. Hernach ging dieser Begriff oftmals über in Landmann, bzw. Bauer.
      Um 1865 war in den meisten Gebieten Eurpoas die *Kolonisationspolitik* ab,
      geschlossen, die um 1750 begonnen hat. In den meisten regionen ist zu dieser
      Zeit meist nur noch ein Landhandel [Kauf, Tausch] zu verzeichnen.
      Zu Beginn der Kolonisation waren die Kolonisten nicht gerade gern gesehene Nach-
      barn, genossen sie doch erhebliche Vorteile gegenüber der Urbevölkerung, an-
      gefangen von Steuervorteilen, Befreiung von Frohndiensten usw..
      Betrachtet man einmal parallel die Kirchenbücher, so blieben die Kolonisten
      oftmals unter sich, bis dann lagsam eine Annäherung erfolgte, bis letztlich, so
      wie Florek schon geschrieben hat, eine Durchmischung der Gruppen erfolgte.
      Es gab aber auch Kolonien, die seit ihrer Gründung, einen Mikrokosmus bildeten,
      die sich von der Urbevölkerung vollkommen abgeschottet haben.
      Ein ganz wichtiger Punkt, auch von Florek schon angesprochen, kam
      sicher auch auf die Epoche und die aktuellen politischen Hintergründe an.
      Mit den besten Grüssen von der Kieler-Förde
      Roland
      Die besten Grüsse von der Kieler-Förde
      Roland...


      Kommentar

      • Florek
        Erfahrener Benutzer
        • 24.10.2013
        • 293

        #4
        Hallo Mark,
        noch mehr Hintergrund Informationen findest du sicher hier, im Forum für Familienforschung in Zentralpolen: http://www.mittelpolen.de/irm/index.php/forum/aktuell

        Folgender Artikel könnte für dich auch noch interessant sein: http://www.goethe.de/ins/pl/war/pro/...l/Polen_de.pdf

        Grüße
        Florek
        Zuletzt ge?ndert von Florek; 25.10.2014, 15:20.

        Kommentar

        • Mark Obrembalski
          Erfahrener Benutzer
          • 05.12.2011
          • 140

          #5
          Danke für Eure Hinweise!

          Mark

          Kommentar

          • Schwartsur
            Benutzer
            • 07.08.2014
            • 6

            #6
            Hallo Mark,
            ich schließe mich Holsteinforscher in sofern an als das Bauern damals oft,auch auf alten Siedlungsstellen als Colon bezeichnet wurden.

            In Punkto Zusammenleben haben meine bisherigen Forschungen bezüglich deutscher Ostsiedler eigentlich ein anderes Bild ergeben.
            Von polnischer Seite kann man sagen das die evangelischen Lutheraner eher ungeliebt waren.
            Von Seiten Deutscher Aussiedler würde ich behaupten im wesentlichen blieb man unter sich, vor allem im ländlichen Raum. Als Beispiel sei hier Bessarabien angeführt.
            Dort waren bei Aussiedlung 1940 noch alle deutschsprachig (über 100 Jahre nach Koloniegründungen!, natürlich lernten sie in den Schulen russisch, wurd aber nicht gesprochen...)
            Alle trugen noch deutsche Namen, heirateten untereinander und die Anteile anderer
            ethnischer Gruppen in diesen Siedlungen waren verschwindend gering.
            Soviel zur Integration...

            Gruß
            Schwartsur

            Grüsse
            Schwartsur

            Kommentar

            • Florek
              Erfahrener Benutzer
              • 24.10.2013
              • 293

              #7
              Hallo Schwartsur,
              Danke für diesen Einblick in deine Erfahrungen.
              Ich glaube das ist garnicht so unüblich bei Migrationen.
              Wobei ich mir sowas ja gedacht habe, als ich schrieb "das Zusammenleben von Polen und Deutschen in den mischbesiedelten Gebieten war immer geprägt von den üblichen menschlichen Begleiterscheinungen des Zusammenlebens"
              Also auch die weitgehende Tendenz der Abschottung gerade im ländlichen Bereich schließt ja Einzelfälle von Verheiratungen und Zusammenleben über die ethnisch-sprachliche Grenze hinaus nicht aus. Vielleicht fand das aber tatsächlich eher noch in den Städen statt.
              Zumindest in meiner Familie soll laut Erzählungen einer meiner Urgroßväter ein Deutscher oder deutschstämmiger aus Lodz gewesen sein. Hoffe das eines Tages nachprüfen zu können.
              Grüße
              Florek
              Zuletzt ge?ndert von Florek; 09.03.2015, 22:30.

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