Corporal Ende des 17. Jh.

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  • Jettchen
    Erfahrener Benutzer
    • 16.10.2011
    • 1358

    Corporal Ende des 17. Jh.

    Hallo ihr Militärkundigen!

    Bei meinen Recherchen zu "Corporal" finde ich heraus, dass dies der unterste Rang der Unteroffiziere war und dass sie ein geringes Einkommen hatten.

    Nun bin ich in Bayreuth unter meinen Ahnen im 17. Jh. auf einen Corporal gestoßen, auf den dies aber nicht zutreffen kann!
    Er wird als "Herr", seine Witwe als "Frau", bezeichnet, obwohl in diesem KB nur die Räte oder in adeligen Diensten stehende Personen so benannt werden. Demnach muss er eine geachtete Persönlichkeit gewesen sein.

    Auf einen gewöhnlichen Soldaten kann dies m.E. doch nicht zutreffen?

    Ist jemanden von euch so etwas schon begegnet?

    Viele Grüße
    von Jettchen
  • Schlumpf
    Erfahrener Benutzer
    • 20.04.2007
    • 355

    #2
    tja
    Der Corporal war ein Unteroffizier bei den Kürassieren. Dieser verdiente im Jahre
    1656 im Quartier genau 1 1/2 Reichstaler zu 78 Albus. Schön, nicht wahr?
    Das machte also in 6 Monaten im Quartier = 36 Reichstaler. Zum Vergleich:
    Der Schulmeister des Ortes verdiente im Jahr 22 Reichstaler.
    Ort: Herzogtum Berg.
    Viel Spaß damit
    Schlumpf
    ...
    P.S. Jetthen, ich bin immer wieder überrascht. Es scheint, Sie gehen der Forschung
    sehr genau und gewisenhaft nach.
    Uns ist in alten mæren wunders vil geseit. von helden lobebæren, von grôzer arebeit,. von fröuden, hôchgezîten, von weinen und von klagen,.

    Kommentar

    • Jettchen
      Erfahrener Benutzer
      • 16.10.2011
      • 1358

      #3
      Vielen Dank, Schlumpf!

      Dass der Corporal zu den Kürassieren gehörte, wusste ich nicht, ist für mich aber sehr hilfreich. Das passt nämlich sehr gut und lässt mich vielleicht den Sachverhalt besser berstehen. (siehe unten!)

      So ganz kann ich die Berechnungen leider noch nicht nachvollziehen.
      "Im Quartier": bedeutet dies, wenn er sozusagen in der Kaserne/Lager war?
      In welcher Zeit erhielt der Corporal dann 1 1/2 Reichstaler? Wie kommen Sie zu der Hochrechung 36 Reichstaler pro Halbjahr?
      Das wären dann 72 Reichstaler im Jahr, also mehr als das Dreifache des Lehrers.
      Davon musste der Kürassier aber vermutlich auch das Futter für sein Pferd bezahlen?
      Lehrer waren einst ja arme Schlucker.
      Berechtigte das Einkommen des Corporals zu einer angesehenen Position?
      Das scheint mir eigentlich nicht auszureichen.
      Hatten evtl. die Kürassiere insgesamt eine angesehene Position eingenommen? (s. oben!)

      Danke auch für das P.S.!
      Ich verbinde die Ahnenforschung immer damit, dass ich versuche, die Lebensgeschichte einer Ahnenfamilie so weit wie möglich zu erfassen. Dies schreibe ich dann immer in vielen, vielen Seiten nieder. Dabei arbeite ich die geschichtlichen Ereignisse ein, befasse mich mit den entsprechenden Berufsbildern (Es ist erstaunlich, welch unterschiedliche Berufe unter den Ahnen auftauchen!) und versuche natürlich, so viele originale Dokumente wie möglich aufzuspüren. Erst dies macht für mich die Ahnenforschung interessant.

      Einen guten 1.Mai
      wünscht Jettchen

      Kommentar

      • Schlumpf
        Erfahrener Benutzer
        • 20.04.2007
        • 355

        #4
        Tja, die Quelle vergessen ....
        Nach Scotti Nr. 432 und 436 vom Oktober 1655 und November 1656 (Edikte der Herzöge von
        Berg, Düsseldorf 1816, einsehbar beim LWL unter Westfälische Geschichte) sah die Sache so aus:
        Die Truppen wurden auf verschiedene Gemeinden in Quartier gelegt. Die Anzahl und die
        Einheiten wechselten. Dort bekam der Soldat Serviten. Das Serviceregelement steht unter Nr.
        432 vom 02.10.1655. Es umfasst Lieferungen von Salz, Bettzeug, Stroh für die Pferde
        (Logement, Lagerstat und Stallungn nothdürftiges Salz, Feuer und Licht...)
        Im Erlass 434 wird dann festgelegt, dass der Rittmeister 10 Rthlr, der Leutnant 5 Rthlr, der
        Cornett 3 Rthlr und der Unteroffizier 1 1/2 Reichstaler in der Woche zu erhalten hat.
        Nur so kommt man auf die 36 Rthlr im halben Jahr.
        Die Pferde waren eine eigenen Sache. Längst nicht jeder Soldat war beritten. So war das
        Dragonerregiment der Frau Kurfürstin von der Pfalz vor 1756 nur etwa zur Hälfte beritten.
        Viel Spaß beim LWL.

        Viel Spaß damit Schumpf

        P.S. Genau das vermisse ich bei sehr vielen. Man kann sich online umsehen. Aber ich per-
        sönlich habe noch nie was brauchbares online gefunden. Manchmal werde ich das Gefühl
        nicht los, viele sind nur auf Effekthasche aus. Solche Fragen, wie bei Ihnen lese ich eher
        selten.
        Zuletzt ge?ndert von Schlumpf; 01.05.2017, 08:25.
        Uns ist in alten mæren wunders vil geseit. von helden lobebæren, von grôzer arebeit,. von fröuden, hôchgezîten, von weinen und von klagen,.

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        • Jettchen
          Erfahrener Benutzer
          • 16.10.2011
          • 1358

          #5
          Hallo Schlumpf,

          Ihre Informationen sind sehr interessant für mich. Vielen Dank für die langen Ausführungen. Im ersten Teil hatte "in der Woche" gefehlt. Nun kann ich die Berechnung nachvollziehen.

          Danke für das Kompliment!

          Viele Grüße
          Jettchen

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          • gki
            Erfahrener Benutzer
            • 18.01.2012
            • 4823

            #6
            Hallo Jettchen,

            mir ist zufällig gerade eine "Domina Anna Maria Puchnerin Corporalin alhier" als Taufpatin untergekommen:



            (erster Eintrag)

            Scheint also nicht so ungewöhnlich zu sien.
            Gruß
            gki

            Kommentar

            • Jettchen
              Erfahrener Benutzer
              • 16.10.2011
              • 1358

              #7
              Danke gki!
              Das bestätigt meine Vermutung, dass Militärangehörige geachtete Personen waren. Ob die Uniform den Respekt einflößte? War ja vor noch nicht allzu langer Zeit auch bei der Fall.
              Viele Grüße
              von Jettchen

              Kommentar

              • gki
                Erfahrener Benutzer
                • 18.01.2012
                • 4823

                #8
                Hallo Jettchen,

                der Respekt vor der Uniform ging spätestens dann flöten als die Militärs sich angewohnt haben in Arbeitsklamotten Zug zu fahren...
                Gruß
                gki

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                • Artsch
                  Erfahrener Benutzer
                  • 14.07.2013
                  • 1933

                  #9
                  Hallo Jettchen,

                  habe mal (wahrscheinlich beim sächsischen Militär) gelesen, daß nach einer Dienstzeit von 12 Jahren, der ehemalige Militärangehörige frei war in der Wahl, wo er sich niederlassen wollte. Darin muß er sich wohl von anderen unterschieden haben.

                  Beste Grüße
                  Artsch

                  Kommentar

                  • Jettchen
                    Erfahrener Benutzer
                    • 16.10.2011
                    • 1358

                    #10
                    Danke für eure weiteren interessanten Ergänzungen!

                    Einen guten Abend wünscht euch
                    Jettchen

                    Kommentar

                    • Jettchen
                      Erfahrener Benutzer
                      • 16.10.2011
                      • 1358

                      #11
                      Jetzt muss ich mich selbst korrigieren!

                      Ich bin erneut auf einen Corporal und Reiter unter meinen Ahnen gestoßen.
                      Der hat sich nach seiner Dienstzeit als Tagelöhner niedergelassen!
                      Und bei ihm war es nichts mehr mit "Herr"!

                      Also alleine die Uniform kann doch nicht den Ausschlag gegeben haben!

                      Viele Grüße
                      von Jettchen

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                      • gki
                        Erfahrener Benutzer
                        • 18.01.2012
                        • 4823

                        #12
                        Hallo Jettchen!

                        Zitat von Jettchen Beitrag anzeigen
                        Ich bin erneut auf einen Corporal und Reiter unter meinen Ahnen gestoßen.
                        Der hat sich nach seiner Dienstzeit als Tagelöhner niedergelassen!
                        Und bei ihm war es nichts mehr mit "Herr"!

                        Also alleine die Uniform kann doch nicht den Ausschlag gegeben haben!
                        Doch, gerade. Nach dem Dienst trug er die Uniform ja nicht mehr.
                        Gruß
                        gki

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                        • Jettchen
                          Erfahrener Benutzer
                          • 16.10.2011
                          • 1358

                          #13
                          Das gibt wohl Sinn, gki!
                          Ich lerne immer wieder dazu.

                          Viele Dank
                          von Jettchen

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