Berufsbezeichnungen in Südtirol - kennt sich jemand aus?

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  • Steffen B
    Benutzer
    • 18.09.2009
    • 34

    Berufsbezeichnungen in Südtirol - kennt sich jemand aus?

    Grüß Gott,

    Ich traf bei meinen Recherchen in der Gegend um Brixen auf (für hochdeutsche Verhältnisse) ungewöhnliche Berufsbezeichnungen. Sicherlich sind ein Großteil dieser Bezeichnungen Mundart und Spezialbegriffe aus dem Handwerk. Bei manchen könnte es sich allerdings auch um eine sippenschaftliche Bezeichnung, weniger berufsbedingt, handeln. Nachfolgend nun eine Auflistung dieser (ausschließlich ungewöhnlichen oder lateinischen Bezeichnungen). Vielleicht könnt Ihr mir helfen, diese zu entschlüsseln:

    Begriff/Auftreten/Bedeutung
    Aditius,Aeditius/1691/lat. Kirchenvater
    Ahnwald

    Chenaß,Kienast/1643-1707
    Eigst
    l/1704-1730
    Erspamer/1726-1761
    Falser
    Forchner/1750er
    Gasser
    Gasteiger
    Gatterer/1784-1847
    Griesser
    Hasler/1704-1765
    Häusler,Hausmann/1721
    Hinterstäher/1684
    Hofer
    Hueber/1704
    Kachler/1719-1756
    Kaltenhäuser/1706 Käser/1729
    Kircher/1842-1923
    Kofferer
    Lanz/1700
    Liendl/1653-1725
    Milbald,Milwald,Milwaldt/1707-1757
    Mility
    Murarius/1718/lat., Maurer
    Operarius/lat. Handlanger
    Peintner/
    1756-1790
    Pichler,Unterpichler/1681-1853
    Platner/1725
    Priel/1825
    Pruner
    Puzer
    Rast
    Sorgeler
    Specker
    Stainer
    Strasser/1794
    Sutor/1666/lat. Schuster,Schuhmacher
    Tauber/
    1721-1790
    Textor/lat. Weber
    Töll/1714-1750
    Törgeler,Untertörgeler/1784-1857
    Trinner/1820
    Tschangger/1801-1859
    Unterfängler/1810-1886
    Volenkle,Völkl,Völlenkhle/1664-1777
    Wegschaid/1705
  • Marlies

    #2
    Hallo Steffen,

    ich fang mal an:

    Griesser --> Mehlhändler,

    Kachler --> Kachelhersteller, Töpfer

    Stainer --> Feldgeschworener

    Schöne Grüße

    Marlies

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    • karin-oö
      Erfahrener Benutzer
      • 01.04.2009
      • 2633

      #3
      Hallo Steffen,

      ich glaube fast nicht, dass es sich bei allen um Berufsbezeichnungen handelt, sondern bei den meisten um Hofnamen.
      Der Bauer des Lanz-Hofes wurde z. B. mit dem Vulgo-Namen Lanz benannt.
      Auch bei uns in Oberösterreich war es üblich, dass in den Kirchenbüchern an der Stelle, wo normalerweise der Beruf genannt wird, der Hofname steht, z. B. Franz Neuhuber, Braunlechner. Das bedeutet, Franz Neuhuber ist Bauer am Braunlechnerhof.

      Ein Häusler ist ein Besitzer eines Hauses mit einem kleinen Stück Weide- oder Ackerland, also kein Bauer. Er brauchte meist einen anderen Zuverdienst als Handwerker oder Taglöhner.
      Die lateinischen Berufsbezeichnungen hast du ja schon selber übersetzen können.

      Schöne Grüße
      Karin

      Kommentar

      • Steffen B
        Benutzer
        • 18.09.2009
        • 34

        #4
        Karin, das klingt sehr plausibel,
        zB bei Lanz, Hofer, Hueber und Peintner vermute ich dergleichen.
        aber Marlies hat tatsächlich schon "echte" Berufe herausgefiltert. Vielleicht hilft mir meine offizielle Frage zwischen den Hofnamen, und den tatsächlichen Berufsbezeichnungen zu differenzieren

        Danke Euch beiden schon mal
        Steffen

        Kommentar

        • Marlies

          #5
          Hallo Steffen,

          ein bisserl was hab ich noch gefunden:

          Kircher --> Meßner

          Mility --> bedeutet Militär, als jemand, der beim Militär tätig war, sei es als Soldat oder Helfer, wobei ich eher auf ersteres tippe

          Tauber --> jemand, der Tauben züchtete und/oder mit Tauben handelte


          Schöne Grüße
          Marlies

          Kommentar

          • karin-oö
            Erfahrener Benutzer
            • 01.04.2009
            • 2633

            #6
            Hallo Steffen,

            es kann sich jedoch auch bei den Bezeichnungen, die es tatsächlich als Beruf gibt, um Hofnamen handeln.
            So genau kann man das im Nachhinein wahrscheinlich gar nicht mehr unterscheiden. Da müsste man verschiedene Dokumente einsehen, wie z. B. Grundbuchs- und Steuerunterlagen, Häuserverzeichnisse u. Ä. um festzustellen, ob es sich um einen Beruf oder Hofnamen handelt.
            Oft haben sich die Hofnamen auch bis heute erhalten.

            Schöne Grüße
            Karin

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            • napum
              Benutzer
              • 14.09.2008
              • 13

              #7
              Hallo Steffen,

              ich forsche im Pustertal und kenne Deine Schwierigkeiten bei der Zuordnung. Karin hat absolut recht, ich wäre sehr vorsichtig mit der Unterscheidung zwischen echten Berufen und Hofnamen.
              Am leichtesten wäre es für Dich, wenn Du Dir Heimatbücher (auch 30 Jahre alte) aus den jeweiligen Orten besorgst. Dort findest Du oftmals auch Hofgeschichten und die örtliche Bezeichnung für den Hof - der steht ja meistens in keiner Landkarte sondern wird nur von der Bevölkerung verwendet. Außerdem erfährst Du so auch mehr über das Leben und die Geschichte in der jeweiligen Region.

              Liebe Grüße
              Jakob
              www.pumberger.org

              FN Pumberger, Bumberger, Bernreiter, Sattlberger, Kovacsevich (Kovacevic), Eppacher, Hellweger, Berger, Krautstoffel

              Regionen: Oberösterreich (Niederkappel, Wesenufer, St. Agatha), Niederösterreich (nordwestlich von Wien und Berndorf), Südtirol (Antholz, Taisten, Tauferer Tal) und Serbien (Novi Sad, Peterwardein)

              Kommentar

              • carinthiangirl
                Erfahrener Benutzer
                • 12.08.2006
                • 1608

                #8
                Als Tirolerin muß ich feststellen, daß es sich bei der Liste heute um großteils gängige Familiennamen in Tirol (Nord-, Süd-, Osttirol) handelt. Viele davon kann man als Herkunftsnamen bezeichnen, also zum Beispiel abgeleitet vom Hof, Weiler oder der "landschaftlicher Gegebenheit", wo die betreffende Person herkam = Wohnstättennamen.
                Der Pichler zum Beispiel wohnte auf einem Pichl = kleiner Berg (auch Bühel, Biechl, Büchel....). Oftmals gab es dann den Oberpichler und den Unterpichler. Also einer der weiter oben am Pichl wohnte und der andere weiter unten usw.


                Eine ziemliche Hilfe würde folgendes Buch sein: Tiroler Familiennamenkunde (Schlern-Schriften 284) 1994
                (2. Nachdruck der erw. 2. Auflage von 1978). XXXV, 567 S. Von KARL FINSTERWALDER
                ISBN: 3-7030-0218-2
                erschienen im Universitätsverlag Wagner Innsbruck sein: http://www.uvw.at/
                Zu finden unter > Thematische Gliederung > Tirolensien Geschichte/Landeskunde Tirols > Schlern-Schriften > Auflistung nach Autoren > KARL FINSTERWALDER > Tiroler Familiennamenkunde

                Auch sonst gibt es Interessantes zu finden, wie zum Beispiel von
                ENGELBERT AUCKENTHALER
                Geschichte der Höfe und Familien von ......... (also in den diversen Regionen und Tälern)
                usw. Also - wer suchet der findet.....
                Zuletzt geändert von carinthiangirl; 28.09.2009, 18:04.

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                • Steffen B
                  Benutzer
                  • 18.09.2009
                  • 34

                  #9
                  @carinthiangirl & napum
                  das sind echt gute hinweise. vielen dank für die literaturempfehlung, ich schau mir das auf jeden fall an, denn ich hab 50% der vorfahren meiner frau aus dem eck - die investition lohnt sich vermutlich.

                  eine frage noch zum hinweis auf grundbücher, steuerlisten und häuserlisten - gibt es sowas online/digitalisiert oder muss ich da vor ort ins archiv nach Brixen oder Bozen? für gemeinden im Erzgebirge (Sachsen) gibt es zB steuerlisten (regesten), die man für kleines geld bestellen kann - fantastische quellen.

                  Grüße
                  Steffen

                  Kommentar

                  • karin-oö
                    Erfahrener Benutzer
                    • 01.04.2009
                    • 2633

                    #10
                    Hallo Steffen!

                    Im Bestandsverzeichnis des Landesarchivs Bozen finden sich jede Menge Steuerlisten, Verfachbücher (Vorläufer der heutigen Grundbücher) usw. Frag doch dort nach, was man dir heraussuchen kann, denn online einsehbar sind sie leider nicht.


                    Hilfreich ist es vielleicht, wenn du wirklich vorher ein Heimatbuch des betreffenden Ortes einsiehst, um schon einen Überblick über die Grundherrschaftsverhältnisse in dem Ort zu bekommen.

                    Sehr aufschlussreich sind auch die Katastralmappen. Diese wurden von jedem Ort erstellt, man findet darin einen färbigen Plan, in dem alle Grundstücke und Häuser dargestellt sind. Dazu gibt es Listen und Verzeichnisse aller Häuser und deren Eigentümer (dabei sind Hofnamen und Familiennamen verzeichnet).
                    Allein für diese Katastermappen würde sich eine Einsicht vor Ort lohnen.

                    Bei uns in Oberösterreich kann man diese Katasterpläne bereits online einsehen, ich weiß aber leider nicht, ob das auch in Südtirol möglich ist.
                    Aber du bekommst hier einen Überblick, worum es sich bei diesen Plänen handelt:


                    Schöne Grüße
                    Karin

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                    • napum
                      Benutzer
                      • 14.09.2008
                      • 13

                      #11
                      Hallo Steffen,

                      ich habe meine Heimatbücher übrigens fast alle über www.zvab.de gekauft. Das ist ein Zentralverzeichnis antiquarischer Bücher und im Schnitt kostet ein Heimatbuch zwischen 15 und 30 EUR.

                      Liebe Grüße
                      Jakob
                      www.pumberger.org

                      FN Pumberger, Bumberger, Bernreiter, Sattlberger, Kovacsevich (Kovacevic), Eppacher, Hellweger, Berger, Krautstoffel

                      Regionen: Oberösterreich (Niederkappel, Wesenufer, St. Agatha), Niederösterreich (nordwestlich von Wien und Berndorf), Südtirol (Antholz, Taisten, Tauferer Tal) und Serbien (Novi Sad, Peterwardein)

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                      • Steffen B
                        Benutzer
                        • 18.09.2009
                        • 34

                        #12
                        ... nur um den Thread zu vervollständigen...

                        es handelt sich (bis auf die lateinischen Bezeichnungen) komplett um Hofnamen. Interessant dabei war die räumliche Nähe der Höfe bei der Zuordnung der Taufpaten/Trauzeugen/Ehepartner. Die lagen häufig ziemlich nah beeinander. Auch die Weitergabe des Hofes an den ältesten überlebenden Sohn war ziemlich konsistent und wich nur in seltenen Fällen ab.

                        Danke für Eure Hilfe
                        Steff

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                        • Oswald Helm
                          Benutzer
                          • 16.03.2006
                          • 58

                          #13
                          also ich bezweifle - ähnlich wie meine vorschreiber, dass sihc alle angeführten namen aus berufsbezeichnungen herleiten lassen: lt. Karl Finsterwalder gibt es für die folgenden namen folgende erklärung:

                          Chenaß,Kienast: Kien = Föhre - also Föhrenast
                          Eigstl: im Finsterwalder nicht beschrieben
                          Erspamer: leitet sich wohl vom Namen ds Weilers Erspam (bei Folgaria) ab - also Herkunftsname
                          Falser: könnte ebenfalls ein Herkunftsname sein (Falsertal im Passeiertal)
                          Forchner: Forche kommt aus dem MHD und heißt Föhre. Der Name selbst dürfte aber aus dem Hofnamen Forchach oder Forchner entstanden sein.
                          Gasser: wurde auch früher ungefähr im heutigen sinjn verwendet. Als Namen dürfte er sich wohl von einem Hofnamen herleiten (ein Hof der an einer Gasse lag)
                          Gasteiger: gahstic = mdh - jeher sgteiler Anstieg (im Tiroler raum gibts heute noch in manchen Gegenden den Austruck a gacher Stieg = eine jehe steile Steigung oder das Gstoag = die Steigung.
                          Gatterer: ein Gatter eine wichtige Einfarht zur Gemeindeweide oder zu einem Saatfeld - im weitere Sinne wohl jede Einfahrt (Gatter bis heute als Hof-, Garten- oder Weideeinfahrt die geöffnet oder geschlossen werden kann) Gatterer dürfte also von der Lage eines Hofes einer Behausung an einem derartigen Gater kommen.
                          Griesser: leitet sich wohl vom Bewohner einer örtlichkeit namens Gries her (Gries am Brenner, Gries im Sulztal u.a.) Als Gries wird eine Geröllfläche bezeichnet - Orte dieses Namens liegen also auf oder an Geröllflöchen.
                          Hasler: kommt aus dem AHD hasala = Haselstaude.
                          Häusler,Hausmann: Hausler = Knecht; Häusler besaßen ein kleines Häusl, meist ohne Grund oder mit einem kleinen Garten. Die Bedeutungen waren jedoch regional sehr unterschiedlich.
                          Hinterstäher: bei Finsterwalder nicht beschrieben
                          usw. usw. usw.

                          es würde viel zu weit führen, alle namen hier ausführlicher zu erklären. ich empfehle dir folgendes Standardwerk:

                          Tiroler Familiennamenkunde von Karl Finsterwalder, erschienen im Universitätsverlag Wagner in INnsbruck als Schlernschrift 284

                          sollte jeder der in Tirol und Südtirol forschung betreibt griffbereit haben.

                          Kommentar

                          • stubaiermandl
                            Erfahrener Benutzer
                            • 30.01.2011
                            • 325

                            #14
                            Hallo,

                            die Jahreszeitschrift Reimmichl beschäftigt sich oft mit Talschaften und ihren Eigenheiten. Es werden dabei oft die Flur- und Hofnamen erwähnt.

                            Grüße
                            Klaus
                            Gebiete:
                            Nordtirol: Stubaital, Wipptal, Inntal; Italien Bozen, Sardinien; Vorarlberg: Bregenz; Schlesien: Breslau, Mährisch-Schönberg, Setzdorf, Wermsdorf, Wiesenberg

                            Familiennamen:
                            Bednar, Fanni, Gleinser, Grotz, Hammer, Weiß, Könne, Kloser, Lener, Münzker, Nagiller, Neugebauer, Seewald, Span, Steinlechner, Zorn

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