Ein Gasthaus als "Zentrum der Macht"?

Einklappen
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge
  • Sbriglione
    Erfahrener Benutzer
    • 16.10.2004
    • 1177

    Ein Gasthaus als "Zentrum der Macht"?

    Hallo allerseits,

    ich bin bei meiner Ahnenforschung in Mackenrode (Hohnstein) in Nordthüringen immer wieder darüber gestolpert, dass dort das Gasthaus anscheinend eine auch politisch "überragende" Bedeutung gehabt zu haben scheint...

    Wie ich auf diesen Gedanken komme?

    1. es scheint im Ort immer zwei Gastwirte gleichzeitig gegeben zu haben, die sich zumindest zeitweise gegenseitig in den "Jobs" des "Ober-Zolleinnehmers" und des "Schulzen" abgewechselt haben (und augenscheinlich eng mit einander verwandt waren - mindestens zeitweise waren es Brüder) - ob es sich nun um ein oder vielleicht doch um zwei Gasthäuser gehandelt hat, konnte ich leider bisher nicht ermitteln);
    2. im Gasthaus saß zumindest im 17. und frühen 18. Jahrhundert immer auch ein örtlicher "Quartiermeister" bzw. mindestens die Witwe des vorher gegangenen Inhabers dieses Amtes;
    3. mindestens in zwei mir bekannten Fällen (einem meiner Vorfahren und dessen Vorgänger) war der Quartiermeister jeweils mit einem weiblichen der örtlich angesessenen Adelsfamilie verheiratet,
    4. aus den zahlreichen Spenden, die Inhaber des Gasthauses und die Quartiermeisterfamilien an die Kirche geleistet haben, scheint für mich hervorzugehen, dass sie durchaus einen gewissen Wohlstand hatten (sie haben, wenn ich es richtig einschätze, mehr gespendet, als die ortsansässigen Ackerleute und wurden nur von den unmittelbaren adligen Rittergutsbesitzern darin übertroffen).

    Ich vermute, dass das Gasthaus insofern eine gewisse Bedeutung gehabt haben könnte, als es an einer Straße lag, die verschiedene Städte der Region mit einander verbunden hat und möglicherweise sogar ein Teil einer Fernstraßenverbindung war.

    Hat jemand von euch in Orten geforscht, in denen das Gasthaus zumindest scheinbar eine ebenso zentrale plitische Rolle gespielt hat?

    Beste Grüße!
    Suche und biete Vorfahren in folgenden Regionen:
    - rund um den Harz
    - im Thüringer Wald
    - im südlichen Sachsen-Anhalt
    - in Ostwestfalen
    - in der Main-Spessart-Region
    - im Württembergischen Amt Balingen
    - auf Sizilien
    - Vorfahren der Familie (v.) Zenge aus Thüringen (u.a. in Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und NRW)
    - Vorfahren der Familie v. Sandow aus dem Ruppinischen
  • Bober
    Erfahrener Benutzer
    • 21.09.2019
    • 245

    #2
    Hallo Sbriglione,


    ich kenne mich thüringischen Rechtsformren nicht aus.
    In Schlesien gab es die Scholtisei, welche solche Rechte hatte. Hier erklärt unter

    Erbscholtisei:
    http://boehm-chronik.com/grundherrschaft/dominium.


    LG
    Bober

    Kommentar

    • sternap
      Erfahrener Benutzer
      • 25.04.2011
      • 4072

      #3
      im katholischen mähren war die rolle des lokators, dessen der die gleich großen bzw. ertragreichen grundstücke für die neuen ansieder einteilte, während er die doppelte fläche erhielt, häufig am freien eck, deshalb der gelegentliche name freinegg. das amt wurde in der folge verbunden mit der kleinen gerichtsbarkeit, sowie dem ausschank von bier, somit der schenke, seltener der mühle.


      das richteramt war erblich, deshalb erbgericht genannt.
      da sie von gewissen abgaben und robotleistungen befreit waren, hieß es auch freigericht.

      es scheint, dass es durch töchter an schwiegersöhne weitergegeben werden konnte, aber nur wenn diese selbst aus erbrichtersippen stammten.


      je nach inzucht oder vermeidung dieser, und dadurch gesundheit, konnte in seltenen fällen das erbrichteramt über jahrhunderte in den paar richtersippen eines dorfes bewahrt werden.


      die erbrichter vermochten in der regel, die alten verträge von vor einigen hundert jahren noch zu lesen.
      das war nicht immer gewünscht, beispielsweise wenn neue grundherren die bevölkerung mit viel größeren abgaben belegen wollten.
      es gibt daher die theorie, dass hexenverbrennnungen frauen nicht so sehr wegen eines wissens über kräuter und heilkunst übersdurchschnittlich häufig trafen, sondern weil sie als lesekundige angehörige von erbrichtersippen, den bauern ihre alten verträge mit den damit verbundenen rechten verstehen geholfen hatten oder die bibel selbst auslegen konnten, was in der katholischen kirche den priestern vorenthalten bleiben sollte.
      freundliche grüße
      sternap
      ich schreibe weder aus missachtung noch aus mutwillen klein, sondern aus triftigem mangel.
      wer weitere rechtfertigung fordert, kann mich anschreiben. auf der duellwiese erscheine ich jedoch nicht.




      Kommentar

      Lädt...
      X