Auf die Gefahr hin, mich hier ganz fürchterlich zu blamieren, möchte ich aber dennoch von folgendem Missgeschick berichten.
Ich begab mich auf die Suche nach den Vorfahren mütterlicherseits und wusste nicht viel. Meine Großeltern aus dieser Linie starben, als ich 10 war und sie waren eher schweigsam, was die Vergangenheit und die Familie anging.
So erfuhr die überaschte Familie z.B. erst in den 1980er Jahren, dass die beiden Geschwister des Opas nicht "von den Russen verschleppt" wurden, sondern nicht einmal 100km entfernt wohnten. Eine kleine Namensänderung meines Opas brachte sie erst 40 Jahre später wieder kurz zusammen.
Oma stammte aus Hamm und wir feierten ihren Geburtstag immer am 30.12. jeden Jahres. Von ihrem Namen ausgehend fand ich sehr bald passende Großeltern und von da an ging es schnell; über deutsche Kolonisten in Wolhynien, konnte ich den Weg in die ursprüngliche Heimat Ostpreußen weiterverfolgen und auch noch ein Zwischenspiel bei Bromberg ermitteln.
Auf dem Weg traf ich zwei "Cousinen", beide sehr aktiv in der Ahnenforschung und voller Begeisterung noch ein Familienmitglied zu zu finden. Aus den USA erhielt ich Scans von handschriftlichen Bettelbriefen an die ausgewanderte Verwandtschaft. Ich machte Geburtsurkunden ausfindig, mir wurden Kirchenbuchkopien zugespielt, ich fand die Gefangenenakten bzw. Verlustlisten und konnte auch die militärischen "Karrieren" von Urgroßvater und dessen Cousins bzw. weiteren Verwandten nachvollziehen. Ich fand Grabsteine, Gedenktafeln und Hausinschriften. Kurz ich war ziemlich glücklich und wollte dieses Jahr meinen Bericht hübsch binden und meiner Mutter zu Weihnachten schenken.
Aber irgendwas passte nicht. Und damit meine ich nicht irgendein Ereignis von Anno dazumal, sondern bereits in der Großelterngeneration: meine Oma war katholisch. Die ganze Familie - und eben auch ihre Eltern - evangelisch?! Von Konvertierung keine Rede - die Familie ahnungslos. Und ihr Geburtsdatum passte nicht zu der kürzlich erhaltenen Gefangenenakte des Vaters. Wie sollte er 1919 aus der Gefangenschaft entlassen, eine neuen Heimat suchend, bereits Ende Dezember eine Tochter bekommen, wenn er seine Partnerin doch erst in Westfalen kennengelernt haben konnte. Mit viel Biegen wäre es sicherlich gegangen, aber unrealistisch. Und warum musste Oma auf "ihr Erbe verzichten", wie die Familiensaga heute noch voller Empörung bericht?
Ich hatte einen Anfängerfehler begangen! Die Geburtsurkunde der Oma konnte ich ja erst nicht erhalten, weil alle davon ausgingen, dass sie aus Hamm war und am 30.12. Geburtstag hatte... ...sie hatte aber am 29.12. Geburtstag und kam aus Bad Oeynhausen. Erst ein sehr netter Archivar fand die Unterlagen dann doch noch und da hatte ich es schwarz auf weiß:
Der vermeintliche Urgroßvater, der heißgeliebte Opa meiner Mutter, war nicht der leibliche Vater! Familie G. - Ostpreußen -> Wolhynien -> Posen -> Westfalen - alles richtig, aber eben nicht die richtige Familie.
Der leibliche Vater? Unbekannt! Akten zur alleinerziehenden, damals noch minderjährigen, Mutter oder zu den Vormunden des Kindes? Nicht mehr zu bekommen.
Ich hätte, statt mich voller Elan auf die Generation IV+ zu werfen, lieber mal etwas früher angefangen sollen!
Letztendlich ist das nicht so wild. Ich habe spannendes erfahren, viel gelernt und schließlich hat der Urgroßvater ja die Vater-/Großvaterrolle eingenommen. Ich werde meiner Mutter nun doch ein interessantes Geschenk machen können. Allerdings werde ich sie besser vorwarnen, dass es da einen kleinen Bruch in der Familie gibt...
VG
Gerrit
Ich begab mich auf die Suche nach den Vorfahren mütterlicherseits und wusste nicht viel. Meine Großeltern aus dieser Linie starben, als ich 10 war und sie waren eher schweigsam, was die Vergangenheit und die Familie anging.
So erfuhr die überaschte Familie z.B. erst in den 1980er Jahren, dass die beiden Geschwister des Opas nicht "von den Russen verschleppt" wurden, sondern nicht einmal 100km entfernt wohnten. Eine kleine Namensänderung meines Opas brachte sie erst 40 Jahre später wieder kurz zusammen.
Oma stammte aus Hamm und wir feierten ihren Geburtstag immer am 30.12. jeden Jahres. Von ihrem Namen ausgehend fand ich sehr bald passende Großeltern und von da an ging es schnell; über deutsche Kolonisten in Wolhynien, konnte ich den Weg in die ursprüngliche Heimat Ostpreußen weiterverfolgen und auch noch ein Zwischenspiel bei Bromberg ermitteln.
Auf dem Weg traf ich zwei "Cousinen", beide sehr aktiv in der Ahnenforschung und voller Begeisterung noch ein Familienmitglied zu zu finden. Aus den USA erhielt ich Scans von handschriftlichen Bettelbriefen an die ausgewanderte Verwandtschaft. Ich machte Geburtsurkunden ausfindig, mir wurden Kirchenbuchkopien zugespielt, ich fand die Gefangenenakten bzw. Verlustlisten und konnte auch die militärischen "Karrieren" von Urgroßvater und dessen Cousins bzw. weiteren Verwandten nachvollziehen. Ich fand Grabsteine, Gedenktafeln und Hausinschriften. Kurz ich war ziemlich glücklich und wollte dieses Jahr meinen Bericht hübsch binden und meiner Mutter zu Weihnachten schenken.
Aber irgendwas passte nicht. Und damit meine ich nicht irgendein Ereignis von Anno dazumal, sondern bereits in der Großelterngeneration: meine Oma war katholisch. Die ganze Familie - und eben auch ihre Eltern - evangelisch?! Von Konvertierung keine Rede - die Familie ahnungslos. Und ihr Geburtsdatum passte nicht zu der kürzlich erhaltenen Gefangenenakte des Vaters. Wie sollte er 1919 aus der Gefangenschaft entlassen, eine neuen Heimat suchend, bereits Ende Dezember eine Tochter bekommen, wenn er seine Partnerin doch erst in Westfalen kennengelernt haben konnte. Mit viel Biegen wäre es sicherlich gegangen, aber unrealistisch. Und warum musste Oma auf "ihr Erbe verzichten", wie die Familiensaga heute noch voller Empörung bericht?
Ich hatte einen Anfängerfehler begangen! Die Geburtsurkunde der Oma konnte ich ja erst nicht erhalten, weil alle davon ausgingen, dass sie aus Hamm war und am 30.12. Geburtstag hatte... ...sie hatte aber am 29.12. Geburtstag und kam aus Bad Oeynhausen. Erst ein sehr netter Archivar fand die Unterlagen dann doch noch und da hatte ich es schwarz auf weiß:
Der vermeintliche Urgroßvater, der heißgeliebte Opa meiner Mutter, war nicht der leibliche Vater! Familie G. - Ostpreußen -> Wolhynien -> Posen -> Westfalen - alles richtig, aber eben nicht die richtige Familie.
Der leibliche Vater? Unbekannt! Akten zur alleinerziehenden, damals noch minderjährigen, Mutter oder zu den Vormunden des Kindes? Nicht mehr zu bekommen.
Ich hätte, statt mich voller Elan auf die Generation IV+ zu werfen, lieber mal etwas früher angefangen sollen!
Letztendlich ist das nicht so wild. Ich habe spannendes erfahren, viel gelernt und schließlich hat der Urgroßvater ja die Vater-/Großvaterrolle eingenommen. Ich werde meiner Mutter nun doch ein interessantes Geschenk machen können. Allerdings werde ich sie besser vorwarnen, dass es da einen kleinen Bruch in der Familie gibt...
VG
Gerrit
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