Wie die Pest 1681 nach Langenstein (Region Halberstadt) gekommen ist

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  • Sbriglione
    Erfahrener Benutzer
    • 16.10.2004
    • 1177

    Wie die Pest 1681 nach Langenstein (Region Halberstadt) gekommen ist

    Im Langensteiner Kirchenbuch findet sich - vor einer ganzen Abfolge von Sterbefällen infolge der Pest - im Jahre 1681 folgender längerer Eintrag:

    "Demnach die leidige Pestseuche so in den neuligsten Jahren in vielen Orten und Ländern gastieret, durch Gottes Verhängniß um unser Sünde willen diß unser Fürstenthum auch angegriffen, in dem dieselbe sich schon mitten in der Erndte in Halberstadt herfür gethan, und hernach gegen den Herbst gar sehr überhand genommen, so daß wöchentlich über die 100 Personen daran gestorben; so ist zwar von der Obrigkeit alle mügliche Vorsicht gebrauchet, und Anstalt gemachet, daß so viel mensch- und möglicher weise können verhütet werden, daß Übel auß der Stadt nicht auff das Land gebracht und weiter außgebreitet werde.

    Es hat aber der gerechte Gott es verhenget, daß solche Vorsichtigkeitt was unseren Ort belanget, umsonst gewesen, in dem die ansteckende gefehrliche Seuche leider auch alhier in diesem Monat October ausgebrochen, und zwar ist es mit der infection also zugangen: Henrich Zabel ein Kothsaß alhier, welcher zwar außerhalb des Dorffes am Steinwege wohnet, ein verwegener und halßstarriger Mensch hat weder durch der Obrigkeit Warnen noch dreuen noch durch die außgestelten Wachen können abgehalten werden, daß er nicht theils heimlich theils öffentlich nach Halbersadt gewanket, auch da die infection schon starck daselbst eingerißen, daher iederman besorget es würde derselbe ein Unglück hieher bringen. Dieser hat einen Sohn und eine Tochter in der Stadt dienend gehabt von denen wie starke Muthmaßung gewesen, den eltern hieher allerley Zeug auß inficirten Heusern zu partiret worden.
    Der Sohn Michel genannt, hat die Pest einmal überstanden, nach dem er aber als ein völlig gesunder wieder in die Stadt gelaßen, hat er die Pest von neuem bekommen und ist daran gestorben. Die Tochter Grethel genant hat sich anhero in ihrer Eltern Hauß pracitiret, da sie die Pest schon am Halse gehabt, ist auch bald darauff gestorben, und von ihrem Vater des Nachts heimlich in dem Garten begraben. Hieran hat man zwar Argwohn, aber doch keinen gewißen beweiß gehabt, daher der Hl. Amtmann mit seinen Leuten das Hauß fleißig visitiret, aber das Mädgen nicht funden. Es hat aber der Vater nachgehends bekennet, daß es dazumahl gleich gestorben gewesen, undt im Hause unter dem Stroh gelegen.
    Nachdem nun gleichwol der Argwohn sehr starck gewesen ist ihm vom Amte geboten sich inne zu halten, und insonderheit auß der Kirche zu bleiben, welches aber der Mensch wenig geachtet, und da er sonst eben kein fleißiger Kirchengänger gewesen, hat ihn hernach seine Halßstarrigkeit drein geführet. Den 2. Octobris kam es auß, daß seine Frau schwerlich kranck wäre, drauff wart er (Henrich Zabels) auffs Amt gefodert, und gefraget, was es mit seiner Frauen Kranckheit für eine Beschaffenheit habe. Drauff er geantwortet, sie hätte solche Krankheit theils von schrecken u. Eifer, über die Visitierung ihres Hauses, theils von Grämniß u. Kummer bekommen, in dem sie Post erhalten, daß ihre beide Kinder in der Stadt an der Pest gestorben. Es wäre nicht wunder, daß eine Frau kranck würde, der es so ginge etc.
    Weil man ihm aber nicht getrauet, ist ihm eine Wachte für Hauß gestellet, darwieder er zwar sich zimlich verwegen erzeiget. Es hat sich aber bald geäußert, daß die sorge seinetwegen nicht unrichtig gewesen, und ist auß nachgesetztem genug zu sehen, daß die verderbliche Plage in seinem Hause einen scharffen Anfang gemacht."
    Zuletzt geändert von Sbriglione; 01.06.2023, 09:21. Grund: kleine Rechtschreibkorrekturen
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  • fajo
    Erfahrener Benutzer
    • 08.10.2018
    • 2353

    #2
    Guten Morgen!
    Solche Texte sind besonders schon, finde ich!
    Sie erklären oft auch Felhldaten und lassen einen besser in die jeweilige Zeit einsteigen... soweit das überhaupt möglich ist.
    Danke!
    Vorsicht : >Ich habe keine Ausbildung. Ich habe Inspiration.< von Bob Marley -**







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