Finden von Vätern unehelicher Kinder (am Beispiel Breslau)

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  • Felix1
    Neuer Benutzer
    • 25.05.2016
    • 2

    Finden von Vätern unehelicher Kinder (am Beispiel Breslau)

    Hallo liebe Ahnenforscher,

    ich bin neu in diesem Forum und suche eure Hilfe zu einem alten Thema: Wie findet man den Vater eines unehelichen Kindes? In meinem Fall handelt es sich um den Vater meiner Urgrossmutter, die als uneheliches Kind am 5.4.1884 in Breslau geboren wurde. Nach der Überliefung meines Grossvaters hat ihre Mutter als Erzieherin auf einem Gut gearbeitet und kam schwanger zurück. Ausserdem weiss ich noch, dass der unbekannte Vater wahrscheinlich Jude war.

    Ich habe mich sowohl in diesem Forum als auch sonst im Internet schon nach Forschungsmöglichkeiten umgeschaut, und wollte meine Einsichten hier kurz auflisten und Euch meinen bisherigen Untersuchungsstand schildern:

    1. Geburtsurkunde meiner Urgrossmutter: liegt mir vor; die Geburt wurde von der Hebamme Henrietta Bartsch, wohnhaft Mariannenstr. 1, angezeigt, der Name des unbekannten Vaters wird natürlich nicht genannt und die Mutter wird als unverehelicht ausgewiesen. Ausserdem enthält die Geburtsurkunde einen Hinweis auf eine 1901 in Jauer durchgeführte und dort amtsgerichtlich bestätigte Adoption; zu diesem Zeitpunkt war meine Urgrossmutter schon 17 Jahre alt. Den Adoptivvater hatte ihre Mutter erst kurz vorher geheiratet. Da sie kurz vorher schon einmal mit einem anderen Mann verheiratet war, bis dieser starb, gehe ich nicht davon aus, dass einer der beiden Männer der Vater ist. Der Adoptionsvertrag liegt mir nicht vor; angeblich sind die entsprechenden amtsgerichtlichen Akten in Jauer lt. dem Staatsarchiv in Liegnitz nicht vollständig. Weiss dazu jemand mehr?

    2. Taufeintrag: liegt mir vor; Taufe erfolgte am 18.5.1884 in der Elisabethkirche in Breslau. Der Vater wird nicht genannt, es existiert ein Hinweis auf die Adoption, und als Taufpaten sind 3 Personen genannt, wovon eine womöglich die Schwester der Mutter war. Ansonsten ein Mann und eine Frau. Familienname des Mannes ist Tietzmann -- kein jüdischer Name, sodass ich auch hier nicht vom Vater ausgehe. Im Internet habe ich von Taufgesprächen gelesen, in denen der Pfarrer oft den Namen des Vaters herausgequetscht habe. Gibt es diese für diesen Zeitraum für die Elisabethkirche? Im ATOM-Server des Staatsarchivs Breslau habe ich dazu nichts gefunden.

    3. Heirats- und Sterbeurkunde: meiner Urgrossmutter liegen mir beide vor, und enthalten keine Information zu ihrem Vater.

    4. Konfirmationseintrag: liegt mir nicht vor--zum Zeitpunkt ihrer Konfirmation (14 Jahre) lebte die Familie vermutlich in Jauer, dort findet sich aber kein Eintrag für 1898 und das Buch 1899 ist nicht mehr erhalten.

    5. Vormundsbestimmung: Zum Zeitpunkt der Geburt meiner Urgrossmutter war ihre Mutter 20 Jahre jung und damit noch nicht volljährig. Es muss also ein Vormund bestellt und eventuell Unterhaltszahlungen geleistet worden sein. Da der Vater der minderjährigen Mutter bereits verstorben war, vermute (hoffe) ich, dass eventuell der unbekannte Vater meiner Urgrossmutter als Vormund bestellt wurde. Ich habe mich daher per Email ans Staatsarchiv in Breslau gewendet, um nach einer Vormundsbestellung in den amtsgerichtlichen Akten suchen zu lassen. Leider sind diese lt. der Antwort nicht vollständig, so dass nichts gefunden werden konnte. Hat hier jemand Erfahrung, ob die Aktenlage in Breslau wirklich so schlecht ist?

    So, das ist mein bisheriger Stand. Bitte entschuldigt die lange Liste, ich wollte meine Erfahrungen aufschreiben, damit andere vielleicht davon profitieren können. Habt ihr andere Ideen, wie ich die Identität meiner Ururgrossvaters lüften kann? Ich bin wirklich für alles offen und scheue fast keine Kosten, in ca 6 Wochen werde ich auch selbst nach Breslau fahren und könnte daher auch vor Ort recherchieren. Jede Hilfe ist willkommen.

    Viele Grüsse und ganz herzlichen Dank für Ihre Ideen,

    Felix
  • uwe-tbb
    Erfahrener Benutzer
    • 06.07.2010
    • 2645

    #2
    Hallo Felix,

    wenn keine Vaterschaftsurkunde (Anerkennung der Vaterschaft) vorliegt und kein Randvermerk auf der Geburts- oder ein Eintrag im Taufregister vermerkt ist, hast Du keine Chance etwas über den Vater zu erfahren.

    Viele Grüße

    Uwe
    Zuletzt geändert von uwe-tbb; 03.06.2016, 09:07.

    Kommentar

    • Xtine
      Administrator
      • 16.07.2006
      • 28395

      #3
      Hallo Felix,

      wenn Du nicht irgendwo einen Vermerk mit Hinweis zum Vater oder auf eine Vormundschaft (z.B. Aktenzeichen) hast, wirst Du nichts finden.

      Hast Du noch persönliche Unterlagen der Urgroßmutter? Z.B. Briefe, Testament? Ich hatte mal das Glück einen persönlichen Schriftwechsel zu finden in dem der Unterhalt festgehalten wurde, den der uneheliche Vater zu zahlen hatte. Im Gegenzug gab der künftige Ehemann der Mutter dem Kind seinen Namen und erkannte es als ehelich an (das Kind wurde 3 Monate nach der Hochzeit geboren!)
      Nur so konnte ich überhaupt feststellen, daß der Ehemann nicht der Vater des Kindes war.
      In einem weiteren späteren Schriftwechsel stritten sich dann die 3 Kinder des Ehepaars um das Erbe der Eltern.
      Viele Grüße .................................. .
      Christine

      .. .............
      Wer sich das Alte noch einmal vor Augen führt, um das Neue zu erkennen, der kann anderen ein Lehrer sein.
      (Konfuzius)

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      • Acanthurus
        Erfahrener Benutzer
        • 06.06.2013
        • 1657

        #4
        Du wirst ihn gar nicht finden, schon gar nicht nach einer ausgiebigen und erfolglosen Recherche wie deiner. Selbst wenn im Nachhinein ein Vater im Kirchenbuch o.ä. angegeben wird, ist es fraglich, ob es sich dabei um den biologischen Vater handelt.

        Übrigens, zwei Erzählvarianten kommen bei unbekannten Vätern in dieser Zeit immer wieder vor:
        - Der Vater sei Gutsherr o.ä. wo Mutter in Stellung war (hab ich auch, in Form eines ostelbischen Junkers)
        - Der Vater sei Jude.

        Möglicherweise ging es da für die Familien um Schadensbegrenzung für die ledige Mutter (der Vater - ein Gutsherr, aus besserem Hause und nicht greifbar). Vielleicht wurde auch durch Dritte dem Vater eine gesellschaftliche Randposition (Jude) angedichtet, die als Grund für das Schweigen der Mutter herangezogen wurde. Möglicherweise war beides eine bessere Version als etwa, dass die Mutter vergewaltigt wurde, worunter das Ansehen der Frau weiter gelitten hätte.

        Das soll nicht heißen, dass es weder Gutsherren oder Juden gab, die Väter unehelicher Kinder waren, aber bei der gemeinen Bevölkerung war der uneheliche Vater sicher eher ein Knecht o.ä.

        A.

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        • gki
          Erfahrener Benutzer
          • 18.01.2012
          • 4843

          #5
          Hallo,

          in einem Fall in Bayern um 1850 gab es noch ein Taufrapular, ein Entwurfsbuch, da stand der Vater drin. Im eigentlichen Buch stand er nicht, weil es gesetzlich verboten worden war, die Väter einfach beruhend auf der Angabe der Mutter einzutragen.
          Gruß
          gki

          Kommentar

          • Mariolla
            • 14.07.2009
            • 1698

            #6
            Hallo Felix,
            so direkt passt es nicht zu Deiner Anfrage, aber oftmals gibt es unerhoffte und positive Ergebnisse.

            Mein Opa väterlicher Linie wurde unehelich in Großzschocher-Windorf 1912 geboren. Im
            kirchlichen Taufbuch stand kein Vater dabei, eben nur „unehelich“.
            Ich wollte schon aufgeben, denn ich sah damals keine Chance irgendwie den biologischen
            Vater zu finden. Als mein Opa 1938 heiratete, musste sich mein unehelich geborener Opa ausweisen
            und die Namen seiner Eltern mit Geburtsort angeben.
            Das Stammbuch der Familie war im Besitz meiner Tante (Schwester meines Vatis) und durch Zufall
            bekam ich es einmal, nach vielen drängeln, zu sehen.
            Ich traute meinen Augen kaum, da war alles eingetragen, was ich suchte.
            Nicht nur der Name meines Urgroßvaters (biologischer Vater), sondern auch seine standesamtl. Registriernummer
            inkl. Geburtsort.
            Meine Recherchen ergaben, der Urgroßvater war Monteur und war zeitweilig im selbigen
            Haus meiner Urgroßmutter untergebracht, die als Dienstmädchen dort arbeitete und er wohnte bei einem Verwandten
            seiner Mutter, nur eine Etage höher.
            Es ist schon verrückt, aber oftmals bekommt man durch Zufall und intensives Suchen
            mehr heraus, als man es sich erträumt.
            Ja, es muss nicht immer der Gutsherr oder dessen Sohn, der Knecht oder der Jude sein.
            Meine Urgroßeltern haben übrigens nie geheiratet, da mein Urgroßvater auf Grund
            einer Verletzung im I.WK 1918 verstorben ist.
            Viele Grüße Mariolla

            Kommentar

            • schinzelott
              Benutzer
              • 01.06.2015
              • 8

              #7
              In meiner Familie wurde mal ein Acker zwecks Unterhalt eines unehelichen Kindes überschrieben. So etwas könnte man evtl. über ein Grundbucharchiv herausfinden.

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              • Felix1
                Neuer Benutzer
                • 25.05.2016
                • 2

                #8
                Wow, vielen Dank für die schnellen und hilfreichen Antworten!

                Die Suche in Taufrapularen/Taufgesprächen wurde mir jetzt schon mehrfach empfohlen. Leider konnte ich bisher nicht feststellen, ob es diese für die Elisabethkirche in Breslau überhaupt gab, da ja scheinbar nicht alle Kirchen solche geführt haben. Falls hier jemand mehr weiss, wäre ich sehr für einen Hinweis dankbar.

                Auch die Suche im Grundbuch zwecks möglichen übertragenen Grundstücken ist ein Versuch wert; und es scheint tatsächlich so, dass es bis 1884 noch Grundbuchakten aus Breslau im Staatsarchiv gibt. Erbschaftsakten gibt es noch bis 1887.

                Leider scheint es so, dass die Vormundschaftsakten und Vaterschaftsanerkennungen des Amtsgerichts Breslau zwar im Staatsarchiv vorhanden sind, aber nicht für den fraglichen Zeitraum

                Hier ist übrigens eine Übersicht der Bestände des Amtsgerichts Breslau online:


                Viele Grüsse,
                Felix

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