Erbrecht

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  • Friedrich
    Moderator
    • 02.12.2007
    • 11323

    Erbrecht

    Hallo zusammen,

    ich möchte mit diesem Beitrag mal das Thema "Erben" anstoßen, weniger die juristischen Aspekte, sondern mehr das, was sich daraus an Konsequenzen in der Genealogie ergibt: Namenswechsel, Einheiraten, Hausnamen etc.

    Bis zur Einführung des BGB 1900 (und landwirtschaftlicher Sondervorschriften, Beispiel nordwestdeutsche Höfeordnung) gab es kein einheitliches Erbrecht in Deutschland. Da müßten sich doch die verschiedensten Versionen in den Regionen Deutschlands tummeln.

    Ein wunderschönes Beispiel für ein nicht ganz typisches Erbrecht findet sich in Wittgenstein, das bis 1806 in Gestalt der Teilgrafschaften Wittgenstein-Berleburg und Wittgenstein-Wittgenstein ein selbstständiges Territorium des Deutschen Reiches war und dann an Hessen-Darmstadt, 1815 an Preußen und 1946 an NRW überging.

    Hier war es so, daß es bis zum 17. Jahrhundert ein streng gehandhabtes Anerbenrecht gab, d.h. die Stammhöfe wurden fast ausschließlich ungeteilt vererbt. Allerdings gab es in Wittgenstein keine Bevorzugung des männlichen Geschlechts. Es wurde grundsätzlich an das älteste Kind vererbt! Das hatte natürlich zur Konsequenz, daß sich statistisch alle zwei Generationen der Familienname änderte!

    Es konnte da schonmal zu kuriosen Begebenheiten führen, wie folgendes Beispiel zeigt:
    Da heiratet ein Johann Adam Schmidt 1750 eine Anna Maria Haase in Mollseifen bei Winterberg. Diese muß die älteste Tochter gewesen sein (KB-Einträge aus dieser Zeit fehlen). Ihre Brüder erbten jedenfalls nicht.
    Soweit, so gut. Jetzt hatten Johann Adam und Anna Maria acht Kinder, davon sieben Söhne, von denen immerhin vier eine Familie gründeten. Keiner von denen erbte allerdings das elterliche Anwesen! Ihre Schwester Anna Christina hatte nämlich den Vorzug, daß sie nicht nur einzige Tochter war, sondern auch das älteste Kind! Damit war sie erbberechtigt und erhielt ihr Elternhaus. Erst über ihren ersten Mann Hermann Wagner hielt sich dessen Nachname über mehrere Generationen im Haus.

    Ab dem 18. Jahrhundert gab es dann die Schicht der sog. Beilieger, die allerdings, wenn überhaupt, nur mit etwas Land ausgestattet werden konnten und immer auf einen Nebenerwerb angewiesen waren. Das Land, das ihnen vererbt wurde, war übrigens nie gräfliches (sog. Herrengut), sondern das private (sog. Erbgut).

    Erst mit dem politischen Untergang der Grafschaften/Fürstentümer Wittgenstein konnten die Bauern ihre Höfe frei vererben.

    Friedrich
    "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
    (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)
  • eitrei
    Erfahrener Benutzer
    • 19.04.2008
    • 182

    #2
    In dem Gebiet meiner Ahnen (Steiermark um Graz), war es durchaus üblich, dass der älteste nicht unbedingt auch der Erbe war, weil er sich durch "einheiraten" durchaus "verbessern" konnte, z.B. vom Viertelbauer zum Halbbauer, oder durch anderen sozialen Aufstieg, der meist den dem Älteren ermöglicht wurde. Manchmal schaffte auch ein jüngerer Sohn das Erbe anzutreten, weil er als erster heiraten wollte und dies nur durfte, wenn er auch "Besitz" hatte. Weiters habe ich bei einem lokalen Historiker gelesen, dass es eine Regel gegeben hätte, wenn kein männlicher Erbe da war, die jüngste und nicht die älteste Tochter erbte. Dies wohl vor dem Hintergrund, dass die Bäurin ja sterbe hätte können und der Bauer mit seiner zweiten Frau noch einen Sohn hätte zeugen können, wo die älteste Tochter womöglich schon einen Mann hätte heiraten können.
    Wie bitter es bei kinderreichen Familien oft für die anderen war, kann man sehen, wenn man das Schicksal der Geschwister der Ahnen ansieht. Viele lebten, arbeiten und starben ledig am Bauernhof ihrer verheirateten Geschwister.

    Kommentar

    • Luise
      Erfahrener Benutzer
      • 05.02.2007
      • 2298

      #3
      Ich kenne Beispiele im Erfurter Gebiet, da hing die Weitergabe des Hofes damit zusammen, wie sich der Bauer noch rüstig fühlte. War er alt und arbeitsunfähig, dann bekam der erste Sohn der heiratete den Hof (egal ob ältester, mittelster oder jüngster). War er noch rüstig, dann bekam stets der letzte Sohn der heiratete den Hof.
      Liebe Grüße von Luise

      Kommentar

      • Pendolino
        Erfahrener Benutzer
        • 09.04.2009
        • 12106

        #4
        Hallo an Alle!

        Bei meinen Vorfahren - diese stammen alle aus dem westl. Teil von Sachsen zwischen Glauchau - Zwickau - Erzgebirge - Vogtland und aus dem angrenzenden Thüringen - war es so, daß immer der jüngste Sohn erbte. Ob das nur in unserer Familie so gehalten wurde, oder ob das "normal" war, kann ich leider nicht sagen.

        Euch allen einen schönen Feiertag!
        Pendolino
        Viele Grüße von Pendolino!

        Hier findet ihr Übersichten meiner Vorfahren aus Sachsen und Thüringen
        sowie aus der (Elch-) Niederung in Ostpreußen


        Dauersuche in Ostpreußen und im Memelland:
        Alles zu den Familiennamen Kumbartzky, Matzeit (Macait) und Petrick

        Weisheit ist nicht das Ergebnis der Schulbildung, sondern des lebenslangen Versuches, sie zu erwerben. (A. Einstein)

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